Gentechnik: Doppelt tolerante "Gen-Rüben"
Unbeabsichtigte Resistenz durch Pollenübertragung
Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 11. Oktober 2000, Seite 32 (Forschen). [Original]BERLIN. Eine unbeabsichtigte Resistenz gegen das Unkrautvernichtungsmittel "RoundupReady" der Firma Monsanto hatten Zuckerrüben, die aus gentechnisch verändertem Saatgut stammen, bei einem Freilandversuch in Deutschland und mehreren anderen europäischen Ländern auf insgesamt 40 Versuchsflächen. Das Saatgut der Firma KWS Saat-AG, das an die Firma Aventis zu Forschungszwecken weitergegeben wurde, wurde gezielt eigentlich nur mit einem Gen bestückt, das die Rüben gegen das Herbizid "Liberty" resistent machen soll.
Wie der Pressesprecher Gert Hahne sagte, sind zwar Zeitpunkt und Ort der Übertragung bekannt, doch weiß man nichts über den Weg, den die Pollen dafür nahmen und von welchen Pflanzen sie stammen. "Vielleicht sind sie in den Haaren eines Forschers mitgekommen." Die gentechnisch veränderten Pflanzen werden von der Einbecker Saatgutfirma in Gewächshäusern gezüchtet. Die KWS hatte die Doppeltoleranz, die erst im Zuge der vorgeschriebenen Beseitigung der Versuchspflanzen bei Versuchsende festgestellt wurde, von sich aus bekanntgegeben.
Das Versuchssaatgut war nicht für den Handel bestimmt, sondern sollte wissenschaftliche Erkenntnisse über gentechnisch veränderte Pflanzen liefern. Rein biologisch sei zudem keine Weiterverbreitung der doppelten Herbizidtoleranz möglich, da die zweijährigen Pflanzen sich nicht in der fortpflanzungsfähigen Blütephase befanden.
Nutzung im Doppelpack
Wie schon sein Name es nahelegt, wirkt das seit 1974 auf dem Markt befindliche Herbizid "RoundupReady" universell und ohne Ansehen der einzelnen Pflanze, deren grüne Bestandteile es angreift. Breitband- Herbizide dieser Art sind einfach einzusetzen und gelten als relativ umweltfreundlich. Doch erst die genetische Veränderung von Nutzpflanzen macht ihren Einsatz möglich: Während die Nutzpflanze dann dank der Übertragung eines Toleranzgens weiter wachsen kann, werden unerwünschte Wildpflanzen ("Unkraut"), die der Sojabohne, dem Mais oder der Zuckerrübe Nährstoffe und Platz rauben könnten, unterdrückt.Für die Genehmigung von Freilandversuchen ist das in Berlin ansässige Robert-Koch-Institut (RKI) zuständig, die Überwachung der Versuche ist jedoch Ländersache. Kritiker fürchten, die gentechnischen Veränderungen könnten sich durch die Freilandversuche auch auf Wildpflanzen übertragen.
Das allerdings könnte, wie Ulrich Ehlers vom Zentrum Gentechnologie des RKI zu bedenken gibt, eher zum Problem für die Hersteller der Unkrautvernichtungsmittel werden, deren Produkte dadurch ihre universelle Wirksamkeit einbüßen würden. Für Ehlers ist der jetzige Fall zudem grundsätzlich anders zu bewerten als die Verunreinigung von Saatgut im Frühjahr dieses Jahres, bei der es um Raps ging, der landwirtschaftlich angebaut wurde.
Im Gesetz zur Regelung der Gentechnik (Gentechnik-Gesetz) aus dem Jahr 1993 werden keine Grenzwerte für Verunreinigungen mit anderem Erbgut genannt. Bisher orientieren sich die Firmen an der Grenze von einem Prozent, die die europäische Novel-food-Verordnung vorgibt. "Eine Fremdeinstäubung kann niemals hundertprozentig ausgeschlossen werden" betont Hahne, dessen Firma von der Politik klare Grenzwerte für zulässige Verunreinigungen einfordert. Der Anteil der Pflanzen, die beide Toleranzgene tragen, habe nur bei einem halben Prozent gelegen.
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit: Präventionsmassnahmen überprüft
Aus: Yahoo-News, 19. Oktober 2000, 14.22 Uhr (Schweiz). [Original]BERN. Die seit 1990 getroffenen Massnahmen zur Vorbeugung der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJD) sind vom Bund erneut gründlich überprüft worden. Die zuständigen Behörden verfolgen die Entwicklung der Krankheit und die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse mit grosser Aufmerksamkeit, teilte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) heute mit.
Aufgrund neuster Publikationen habe die mögliche ursächliche Verbindung von Rinderwahnsinn (BSE) und vCJD an Aktualität gewonnen. Obwohl die wissenschaftlichen Erkenntnisse keine lückenlose Beweise liefere, werde angenommen, dass die vCJD durch Übertragung von BSE auf den Menschen zustande komme. Bisher sei in der Schweiz noch kein Fall vCJD beobachtet worden. (...).
20.10.2000 (khd/yahoo). Es gilt als gesichert, daß vCJD durch den Konsum von Prionen- infizierten Organen/Geweben von Rindern übertragen wird, die von der spongiformen bovinen Enzephalopathie (BSE) befallen sind. Die tödliche vCJD ist 1996 zum ersten Mal in Großbritannien beobachtet worden. Dort forderte die Krankheit bisher 84 Todesopfer. In Frankreich starben bisher 2 Menschen an vCJD und in Irland 1 Mensch.
Künftig keine verseuchten Tierabfälle mehr in der Nahrungskette
EU-Kommission will Sicherheitsvorschriften für Viehfutter verschärfen / Konsequenz aus BSE- und Dioxinkrise
Aus: Yahoo-News, 19. Oktober 2000, 16.04 Uhr (Politik). [Original]BRÜSSEL. Verseuchte Tierabfälle sollen in der EU künftig nicht mehr in die Nahrungskette gelangen. Die EU-Kommission legte als Konsequenz aus BSE-Krise und Dioxinskandal heute einen Gesetzesvorschlag vor, der einen zusätzlichen Gesundheitsschutz für die Verbraucher verspricht. Mit Krankheitserregern verseuchte Abfallprodukte sollen ihm zufolge nicht mehr zu Tierfutter verarbeitet werden dürfen. In Schlachthöfen anfallendes, unreines Tiermaterial, das nicht zum menschlichen Verzehr bestimmt ist, soll verbrannt, vergraben oder zu Biogas und Dünger weiterverarbeitet werden.
EU-Gesundheitskommissar David Byrne sagte: "Wir haben erkannt, dass Lebensmittelsicherheit gleich bedeutend ist mit Sicherheit an jedem Glied der Nahrungskette vom Bauernhof bis zum Teller." Viehfutter, das aus BSE-verseuchten tierischen Abfallprodukten hergestellt wurde, wurde als Hauptursache für die Verbreitung des Rinderwahnsinns und der mit ihr verwandten tödlichen Creutzfeldt-Jakob-Krankheit [CJD] identifiziert. Sie führte 1996 zu einem Importverbot für britisches Rindfleisch in der EU. Die Dioxinkrise in Belgien vor einem Jahr war auf die Verwendung von [Ed giftigen Industrie- Fetten und] giftigem Klärschlamm als Viehfutter zurückzuführen.
Der Kommissionsvorschlag sieht im einzelnen vor, dass tierische Abfälle künftig nach spezieller Druck- und Hitzebehandlung verbrannt oder auf Deponien vergraben werden müssen, wenn sie entweder von BSE-infizierten Rindern stammen oder mit verbotenen Giften gefüttert wurden beispielsweise Wachstumshormone oder Dioxine. Material von Tieren, die an anderen Seuchen verendeten oder Spuren von Medikamenten enthalten, kann nach entsprechender Behandlung kompostiert oder zu Biogas, Fetten und Dünger verarbeitet werden wobei der Dünger nicht auf Weiden verwendet werden soll. Als Viehfutter und Dosenfutter für Haustiere tauglich sind damit nur noch Abfälle von gesunden Tieren, die für den menschlichen Verzehr geschlachtet wurden.
1998 wurden 16,1 Millionen Tonnen Tierabfälle zu 3 Millionen Tonnen Tiermehl und 1,5 Millionen Tonnen Fett für Viehfutter verarbeitet. Von dem Ausgangsmaterial stammten 1,8 Millionen Tonnen nicht von gesunden Rindern oder Schweinen. Die EU-Kommission räumt ein, dass die neuen Sicherheitsvorschriften zusätzliche Kosten verursachen. Für Verbrennung und Vergrabung veranschlagt sie zusätzliche Kosten von rund 2,8 Milliarden Euro. Dem Kommissionsvorschlag müssen noch der Ministerrat und das Europaparlament zustimmen. Da die Mitgliedstaaten die Sicherheitsvorschriften als dringlich erachten, werden sie voraussichtlich schon im nächsten Jahr in kraft gesetzt, wie eine Expertin der Kommission sagte.
Frankreich: Neuer BSE-Skandal
Rund ein Tonne Rindfleisch mit BSE-Verdacht ist in den französischen Lebensmittelhandel gelangt. Als der Befund kam, hatte eine der größten Supermarktketten die Fleischpakete schon in den Regalen.
Aus: Spiegel Online 22. Oktober 2000, 19.56 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]PARIS. In 39 Supermärkten der Carrefour-Kette wurde das Fleisch angeboten, das möglicherweise mit Erregern des Rinderwahnsinns (BSE) verseucht ist. Nach einer entsprechenden Information des Landwirtschaftsministeriums sei das Fleisch sofort aus den Regalen genommen worden, teilte ein Carrefour- Sprecher mit. Rundfunkberichten zufolge waren Märkte im Großraum Paris und in Nordfrankreich betroffen.
Carrefour kaufte nach Angaben des Ministeriums bei einem Großhändler rund eine Tonne Rindfleisch aus einer Herde, in der ein Tier an Rinderwahn erkrankt ist. Das Tier wurde am 10. Oktober getötet, der eindeutige BSE- Befund am Freitag [20.10.2000] nachgewiesen. Zwei weitere Tonnen Fleisch aus dieser Herde wurden in einem Schlachthaus sichergestellt.
Vier Personen, darunter ein Tierhändler, wurden nach Angaben der Staatsanwaltschaft in der Stadt Bernay bereits festgenommen. Der festgenommene Tierhändler hatte am 4. Oktober 13 Rinder gekauft und umgehend weiter verkauft. Eins der Tiere fiel Veterinären durch sein BSE-typisches Verhalten auf, als es am 10. Oktober geschlachtet werden sollte.
Zu diesem Zeitpunkt waren elf andere Rinder der Herde bereits verkauft, geschlachtet und ihr Fleisch für den Verzehr aufbereitet worden. Bei einer Analyse mit dem neuartigen Prionics-Test wurde dann am vergangenen Freitag [20.10.2000] nachgewiesen, dass das auffällige Tier vom Rinderwahnsinn befallen war. Die Supermarktkette hatte daraufhin alle in Frage kommenden, noch nicht verkauften Fleischpakete aus den Regalen entfernen lassen.
In Frankreich wurden allein in der zurückliegenden Woche 9 BSE-Fälle festgestellt. Damit stieg deren Zahl seit Jahresbeginn auf 71, mehr als doppelt so viel wie im vergangenen Jahr. BSE kann beim Menschen zur tödlichen Creutzfeldt- Jakob-Krankheit führen.
BSE: Briten sollen Forschung zensiert haben
Keine Chance für die Wahrheit? Britische Politiker und Beamte haben angeblich über Jahre hinweg Druck auf BSE-Forscher ausgeübt und Ergebnisse unter Verschluss gehalten.
Aus: Spiegel Online 22. Oktober 2000, 20.37 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]MÜNCHEN. Wie die Süddeutschen Zeitung berichtet, hat die frühere Regierung in London auf diese Weise versucht, die Öffentlichkeit zu täuschen und das Risiko, an Rinderwahnsinn zu erkranken, herunterzuspielen. Dies gehe aus einer Studie der Münchner Wissenschaftlerin Kerstin Dressel hervor, die hierfür 50 britische und deutsche Experten befragte.
Die Untersuchung umfasst den Zeitraum von der Entdeckung der Rinderseuche Mitte der achtziger Jahre bis zum Jahr 1996. In Großbritannien soll die Arbeit am Donnerstag [26.10.2000] vorgestellt werden. Am selben Tag wird eine vom britischen Premierminister Tony Blair eingesetzte Kommission ihren Bericht zum BSE-Skandal veröffentlichen.
In dem ersten wissenschaftlichen BSE-Beratergremium unter der Regierung von Margaret Thatcher waren der deutschen Studie zufolge keine Fachleute. Oft haben die Forschergremien der Regierung nur dazu gedient, (...) politischen Entscheidungen einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben, sagte Dressel der Zeitung.
Viele Berichte seien mit monatelanger Verspätung veröffentlicht und auch dann noch von der Regierung zitiert worden, wenn sie längst überholt waren. Anfragen ausländischer Wissenschaftler nach Proben-Material wurden der Studie zufolge meist abgewiesen. Dressel: "Forscher waren nicht frei, anderen Forschern zu berichten, bevor nicht alles erschöpfend von Beamten jeder Art inspiziert worden war."
All diese Vorgänge seien aber nicht nur mit einer bewussten Täuschung durch die Thatcher-Regierung zu erklären. Auch das System in Großbritannien, etwa der starke Einfluss hoher Beamter, habe den offenen Umgang mit BSE verhindert. An der politischen Kultur im Umgang mit der Seuche hat sich trotz Blairs Versprechen nach Ansicht der Soziologin wenig verändert. Deshalb sei es auch ein Fehler gewesen, das Embargo für britisches Rindfleisch aufzuheben. [mehr]
Risiko Rinderwahn: Fälschung statt Forschung
Um ihre BSE-Politik zu rechtfertigen, manipulierten britische Politiker wissenschaftliche Studien
Aus: Süddeutsche Zeitung, 23. Oktober 2000, Seite ?? (Wissenschaft). [Original]MÜNCHEN (SZ). Über Nacht waren alle britischen BSE- Experten spurlos verschwunden. Als der damalige britische Landwirtschaftsminister Douglas Hogg am nächsten Nachmittag erstmals zugab, die Rinderseuche könne auf den Menschen übertragen werden, begannen die übrigen Teilnehmer einer internationalen Tagung zur Rinderseuche im März 1996 den Grund zu ahnen.
Wegen des Geständnisses hatten anscheinend alle britischen Wissenschaftler die Order erhalten, in ihre Heimat zurückzukehren und ihre Forschungs-Resultate vorerst nicht international zugänglich zu machen.
Die Öffentlichkeit wurde getäuscht
Der Fall ist nur ein Beispiel für den Versuch der ehemaligen britischen Regierung, die Öffentlichkeit zu täuschen und das BSE- Risiko herunterzuspielen. Zu diesem Schluss kommt die Münchner Wissenschaftlerin Kerstin Dressel in einer detaillierten Untersuchung des Falls.Drei Jahre lang hat die Soziologin unter anderem am Lehrstuhl von Ulrich Beck an der Universität München in über 50 Experten- Interviews Minister, Politiker, Beamte und Wissenschaftler aus Großbritannien und Deutschland befragt. Auf dieser Grundlage zeichnet sie ein genaues Bild der politischen Vorgänge von der Entdeckung der Rinderseuche Mitte der achtziger Jahre bis zum Jahr 1996.
In Großbritannien wird die weitgehend anonymisierte Studie als ähnlich brisant eingeschätzt wie der Bericht der vom britischen Premierminister Tony Blair eingesetzten Untersuchungskommission (Phillips-Inquiry), der am Donnerstag veröffentlicht werden soll.
Expertengremium ohne Experten
Bereits die Bildung des ersten wissenschaftlichen BSE-Beratergremiums im Frühjahr 1988 zeigt der deutschen Studie zufolge, wie wenig es der Thatcher-Regierung um eine wissenschaftliche Aufklärung der Seuche ging: Anfang April erhielt Richard Southwood von der Universität Oxford einen Anruf des "Chief Medical Officer" der Regierung. Southwood sagte in dem Gespräch zu, den Vorsitz einer Beraterkommission zu übernehmen. Dabei war er zwar ein anerkannter Ökologe, doch von BSE-Erkrankungen verstand er äußerst wenig ebenso wenig wie die weiteren Mitglieder des Gremiums.Keiner der von Dressel befragten Berater hielt sich selbst für einen Fachmann auf dem Gebiet: Die Regierung hatte eine Expertenkommission ohne Experten gebildet. Erst Jahre später wurden wichtige BSE-Forscher in den Kreis aufgenommen.
Zahlreiche Hinweise auf Zensur und Drohungen
Das fehlende Know-How erleichterte es Politikern, Einfluss auf die Empfehlungen der Kommission zu nehmen. So fand Dressel zahlreiche Hinweise darauf, dass der von der Regierung im Februar 1989 veröffentlichte "Southwood-Report" in den Ministerien zensiert wurde. Ein führendes Mitglied des Gremiums gibt zu Protokoll: "Ein früherer Minister hat mir angedeutet, dass unser Report... in den Müll gefegt worden wäre, wenn wir alarmierender gewesen wären; mit dem Ergebnis, dass man gar nichts unternommen hätte."Politiker und Beamte schreckten auch nicht davor zurück, den Forschern mit negativen Konsequenzen für ihre weitere wissenschaftliche Laufbahn zu drohen. "Unsere Karrieren hingen davon ab", berichtet ein Mitglied des Beratergremiums aus dem Jahr 1996.
Politische Entscheidungen mit wissenschaftlichem Anstrich
"Oft haben die Forschergremien der Regierung nur dazu gedient, zuvor intern getroffenen politischen Entscheidungen einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben", sagt Dressel. Viele Berichte wurden mit monatelanger Verspätung veröffentlicht und auch noch von der Regierung zitiert, wenn sie längst überholt waren.Doch auch einige Wissenschaftler nahmen es mit der Wahrheit nicht immer genau, wie Dressel belegt. Demnach hatten Forscher der Überwachungseinheit für die mit dem Rinderwahnsinn verwandte Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung [CJK oder CJD] dem Gesundheitsministerium bereits im Januar 1996 mitgeteilt, dass es mehrere neue CJK-Patienten gab. Dennoch erklärte der Leiter der Forschergruppe, Robert Will, noch einen Monat später öffentlich, es gebe keine derartigen Veränderungen bei CJK-Fällen.
Viele Fragen wurden erst gar nicht untersucht
Viele Fragen wurden erst gar nicht untersucht. Obwohl das Landwirtschaftsministerium über 50 Millionen Pfund dafür ausgab, habe das Ministerium die wichtigste Forschung ausgelassen, kritisiert ein Wissenschaftler in Dressels Arbeit. "Sie waren in der Lage, zwei Fragen zu beantworten, die jeder hätte beantworten können: Wie viele Kühe sind an BSE gestorben und wie viele Menschen sind gestorben? Aber wenn man gefragt hätte: Woher kommt die Krankheit? Wie lässt sie sich vermeiden?... Dem haben sie sich nie zugewandt", kritisiert er.Dennoch berief sich die Regierung immer auf "den besten wissenschaftlichen Rat". Dabei war es fast nur vom Landwirtschaftsministerium selektierten Wissenschaftlern überhaupt möglich, an der Krankheit zu forschen, schildert Dressel. Jede BSE-Kuh war Eigentum des Ministeriums. Anfragen ausländischer Wissenschaftler nach Proben- Material wurden meist abgewiesen. Und jene auserwählten Briten, die forschen durften, unterlagen der Zensur: "Forscher waren nicht frei, anderen Forschern zu berichten, bevor nicht alles erschöpfend von Beamten jeder Art inspiziert worden waren", zitiert Dressel einen von mehreren Experten.
Fehler im System
Allerdings mache man es sich zu einfach, wenn man den Fall allein als bewusste Täuschung durch die Regierung betrachte, sagt Dressel. "Ich habe den Eindruck, dass sie sich selbst erfolgreich eingeredet haben, es gebe kein Risiko", glaubt ein Wissenschaftler. Neben der Verdrängung, so Dressel, ließe sich vieles durch kulturelle Eigenarten des Systems in Großbritannien erklären. Die Auswahl der "Großen und Guten" etwa anstelle der wirklichen Fachleute für eine Kommission sei typisch. Auch das Machtmonopol des Landwirtschaftsministeriums, das selbst das Gesundheitsressort weitgehend auschließen konnte, und der unter Thatcher gestärkte Einfluss hoher Beamten, habe einen offenen Umgang mit BSE verhindert.Als fatal erwies sich auch der ausgeprägte Glaube unter Thatcher, die Industrie werde schon wissen, was zu tun sei. So wurde etwa die Anordnung aus dem Jahr 1989, Hochrisiko-Gewebe wie Gehirn und Rückenmark bei der Schlachtung zu entfernen, bis 1995 nur sehr lückenhaft umgesetzt. Die Regierung hatte auf ausreichende Kontrollen verzichtet. Mehr als fünf Jahre ist daher den Aussagen britischer Berater zufolge unnötigerweise Hochrisikogewebe weiter in die Nahrung gelangt. Auf keinen Fall reiche es daher aus, wenn nun nach der Phillips Inquiry nur einige Hauptschuldigen an den Pranger gestellt würden, glaubt Dressel: "Der Fehler liegt auch im System."
"Es war ein Fehler, das Embargo für britisches Rindfleisch aufzuheben"
Tatsächlich berichten deutsche Forsscher bis heute von Schwierigkeiten, Proben aus Großbritannien zu bekommen. Dabei gibt es genug offene Fragen. Niemand weiß etwa, wie viele zu den über 80 BSE- Opfern beim Menschen noch hinzukommen. Oder wie hoch das Risiko einer Infektion über verseuchte Blutprodukte oder Impfstoffe ist. Da sich an der politischen Kultur im Umgang mit der Seuche trotz Blairs Versprechen bis heute wenig geändert habe, sei es auch ein Fehler gewesen, das Embargo für britisches Rindfleisch aufzuheben, ist Dressel überzeugt: "Der Fall BSE ist noch nicht vorbei." [mehr]
Frankreich verbietet nach BSE-Skandal Tierfett für Rinderzucht
Landwirtschaftsminister weist systematische Untersuchung aller geschlachteten Rinder als unpraktikabel zurück
Aus: Yahoo-News, 25. Oktober 2000, 12.42 Uhr (Politik). [Original]PARIS. Nach dem jüngsten BSE-Skandal verschärft die französische Regierung den Kampf gegen die Rinderseuche. Landwirtschaftsminister Jean Glavany kündigte am Mittwoch an, die Verfütterung von industriellem Tierfett an Kälber werde verboten [Ed: hm, sollten etwa auch in Deutschland industrielle Fette an Kälber verfüttert werden?]. "Kein Land ergreift so viele Vorsichtsmaßnahmen wie Frankreich", betonte der sozialistische Politiker. Systematische BSE-Tests aller geschlachteten Rinder aber lehnte er als unpraktikabel ab [Ed: sie wären aber dringend notwendig].
Mit dem Tierfett-Verbot bei der Aufzucht von Rindern folgt die Regierung einer Empfehlung der Lebensmittelbehörde AFFSA. Glavany hatte gestern angekündigt, künftig sollten Stichproben von geschlachteten Tieren Aufschluss über die Sicherheit der Rinderprodukte bringen. Alle zum Schlachthof gebrachten Rinder aber könnten nicht untersucht werden, wies Glavany im RTL-Radio erneut Forderungen der Grünen und der Lebensmittelindustrie zurück. Das erfordere 5 bis 6 Millionen BSE-Tests jährlich, was weder technisch noch wissenschaftlich zu bewerkstelligen sei.
Am Wochenende war bekannt geworden, dass ein Viehhändler in der Normandie ein an BSE erkranktes Tier an einen Schlachthof geliefert hatte. Fleisch von Rindern aus dessen Herde gelangte in den Handel. In Frankreich läuft seit dem Sommer ein Massentest an insgesamt 48.000 Rinderkadavern. Bis letzter Woche wurden 12.500 Tiere untersucht und 25 BSE-Fälle festgestellt. Insgesamt registrierten die Behörden in diesem Jahr 73 an Rinderwahn erkrankte Tiere.
, 25. Oktober 2000, ??.?? Uhr (abridged) von DANNY KEMP. [Quelle]Names of nvCJD Victims
[Ed: Liste der bisherigen BSE-Opfer in Großbritannien]
Aus: PA News
In Memoriam
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BSE-Krise: Millionen für die Opfer
London will Erkrankte entschädigen / Studie über Versäumnisse
Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 27. Oktober 2000, Seite 1 (Politik). [Original]LONDON. Die britische Regierung hat Creutzfeld-Jakob-Kranken gestern finanzielle Hilfe in Millionenhöhe versprochen. Landwirtschaftsminister Nick Brown erklärte, die ersten Gespräche mit den betroffenen Familien sollten in der kommenden Woche stattfinden. Einzelheiten des Fonds wurden noch nicht bekannt. Lord Phillips, der Leiter zweieinhalbjähriger Untersuchungen, legte dem Unterhaus gestern den Bericht seiner Kommission vor. Danach werfen die Experten den Behörden insbesondere Fehler in ihrer Informationspolitik im Verlauf der BSE-Krise vor.
Experten vermuten, dass die betreffende Variante der Creutzfeld-Jakob-Krankheit [CJD] durch den Genuss von Rindfleisch ausgelöst wird, das aus BSE-infizierten Beständen stammen. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass BSE vermutlich erstmals in den 70er Jahren bei einer Kuh oder einem anderen Tier auftrat, das nach einer Genmutation erkrankte. Eine Epidemie habe sich entwickeln können, weil die Bauern die Überreste kranker Tiere zu Tierfutter verarbeiteten [Ed: und dieses an eigentlich nur pflanzenfressende Rinder verfütterten aus Geldgier].
Rinderwahnsinn wurde erstmals 1986 identifiziert. Schlachthäusern wurden strengere Regeln auferlegt, damit das infizierte Fleisch nicht die Verbraucher erreichte. Wissenschaftler warnten im Mai 1990 vor einer möglichen Übertragung auf Menschen, nachdem die Krankheit bei einer Hauskatze diagnostiziert worden war. Doch erst im März 1996 erklärte die Regierung, BSE sei auf Menschen übertragbar. In dem Bericht hieß es, die Regierung habe eine Panik vermeiden wollen, weil sie geglaubt habe, dass das Risiko einer Übertragung gering sei. "Jetzt ist klar, dass diese Kampagne der Beruhigung ein Fehler war", hieß es weiter. [mehr]
BSE-Krise: Fehler und Versäumnisse in 16 Bänden
Ein umfangreicher Bericht enthüllt die Vertuschung des BSE-Skandals durch die ehemalige britische Regierung
Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 27. Oktober 2000, Seite 6 (Aussenpolitik). [Original]LONDON. Mit Lug und Trug hat die damalige konservative Regierung jahrelang die Gefahren des Rinderwahns BSE vertuscht. So wird der umfassende Untersuchungsbericht von Lordrichter Phillips gewertet, der Politikern, Beamten und Wissenschaftlern den Vorwurf macht, dass sie die Krise lange Zeit herunterspielten und im Interesse der britischen Fleischindustrie und Landwirtschaft Menschenleben aufs Spiel setzten. Der mit Spannung erwartete Bericht gesteht der ehemaligen Regierung zwar zu, dass sie nach bestem Wissen und Gewissen und nicht arglistig gehandelt hätte. Aber die aufgelisteten Fehlurteile und Maßnahmen bei der BSE-Krise sind niederschmetternd.
Der amtierende Labour-Landwirtschaftsminister Nick Brown vermied es bei der Vorstellung des Reports im Parlament ebenfalls, die letzte konservative Regierung bewusster Irreführung der Öffentlichkeit zu beschuldigen. Aber er warf ihr vor, dass sich die "Beschwichtigungspolitik als Fehler entpuppt hat". Der Fonds für Menschen, die Opfer der möglicherweise durch BSE ausgelösten neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit [nvCJD] sind, solle in den kommenden Wochen eingerichtet werden, erklärte Landwirtschaftsminister Nick Brown.
Die schreckliche Konsequenz der "Beschwichtigungspolitik" sind bislang 85 junge Menschen, die in Großbritannien an der neuen Variante von Creutzfeldt- Jakob erkrankten. 74 Personen sind an der unheilbaren Gehirnerweichung gestorben. Über 250.000 Rinder mussten notgeschlachtet werden. Die BSE-Krise vernichtete die Existenz vieler britischer Viehzüchter.
Der Katalog der "Fehleinschätzungen und Versäumnisse" dieser Tragödie umfasst 16 dicke Bände. Mit der Untersuchung, die 1997 begann, löste die neue Labour-Regierung von Tony Blair sofort ein Wahlversprechen ein. Erst 1996 hatte die Regierung seines konservativen Vorgängers John Major eingeräumt, dass eine Verbindung zwischen BSE und der menschlichen Variante bestehen könne, obwohl sich der erste Todesfall bereits 1985 ereignet hatte.
Mit der öffentlichen Anhörung, die über zwei Jahre lief, bekamen die Angehörigen der Opfer, die bislang von der Regierung abgewimmelt wurden, endlich eine Genugtuung. "Seit seinem Tod wurden wir von vielen Leute als Spinner und Unruhestifter angesehen, nur weil wir wissen wollten, warum unser Junge starb", heißt es in dem bewegenden Aussageprotokoll von Dorothy Churchill, deren 19-jähriger Sohn das erste Opfer wurde.
Die damalige britische Regierung brüstete sich damit, dass sie trotz des nicht vorhandenen Risikos für Menschen, vorsorglich "gußeiserne Sicherheitsmaßnahmen" bei der Fütterung, Schlachtung und Aufbereitung von Rindern getroffen habe. In einer tragikomischen Farce demonstrierte Landwirtschaftsminister John Gummer sein Vertrauen in das "sicherste Rindfleisch der Welt", indem er seine vierjährige Tochter vor den Kameras mit "Hamburgern" fütterte. Der Minister verzögerte weiterhin wissenschaftliche Experimente zur Ursachenforschung. Erst ein Vierteljahr, nachdem die erste Katze an BSE verendet war, ordnete er Tests an, um die Möglichkeit eines Artensprungs zu ergründen. [mehr]
Sieben neue BSE-Fälle in Frankreich gemeldet
Aus: Yahoo-News, 27. Oktober 2000, 18.17 Uhr (Politik). [Original]PARIS. In Frankreich hat das Landwirtschaftsministerium heute sieben neue Fälle der Rinderseuche BSE gemeldet. Alle sieben erkrankten Tiere seien mit ihren Herden insgesamt rund 530 Stück Vieh getötet worden, hieß es weiter. Die Fälle seien unter anderem in den Vogesen und in Morbihan aufgetreten. Eines der infizierten Tiere sei durch ein neues BSE- Testverfahren entdeckt worden, das im Juni in Frankreich eingeführt wurde. Die Zahl der in diesem Jahr gemeldeten BSE-Fälle erhöhte sich damit auf 78. Vergangenes Jahr waren nur 30 Fälle bekannt geworden. BSE löst beim Menschen vermutlich eine neue Variante der tödlichen Creutzfeldt- Jakob- Krankheit (vCJD) aus, an der in Großbritannien bisher über 70 und in Frankreich zwei Menschen gestorben sind.
Drei französische Einzelhandelsketten hatten diese Woche mitgeteilt, sie hätten unwissentlich Rindfleisch von einer BSE- infizierten Herde in Westfrankreich verkauft. Auch Schlachtereien, die Kutteln verkauften, und Hersteller von Tierfutter hatten Rindfleisch aus der Herde verwendet. Nach Angaben der französischen Fleischindustrie ging der Verkauf von Rindfleisch daraufhin um 15 bis 30 Prozent zurück. Die Regierung in Paris ist nun unter Druck geraten, entschiedener gegen die Ausbreitung der Rinderseuche vorzugehen. Unter anderem erwägt das Land jetzt ein Verbot von Fleisch- und Knochenmehl in Tierfutter. Bisher ist dies nur bei der Herstellung von Viehfutter verboten [Ed: und was ist nun der Unterschied zwischen Tier- und Viehfutter?].
Gestern war in Großbritannien der offizielle BSE-Bericht der Regierung vorgelegt worden, demzufolge die frühere konservative Regierung die Öffentlichkeit Jahre lang über die Gefahren der Rinderseuche im Unklaren gelassen hat. Die Regierung hatte erst 1996 eingeräumt, dass BSE auch eine Gefahr für den Menschen darstellt.
CJD kills girl, 14, as deadly waste spreads
Infected ash leaks from cattle carcass incinerators / Doctors told to be vigilant in diagnosing elderly people
Aus: The Observer, London, 29. Oktober 2000, Seite ?? (Public Affairs) von ANTONY BARNETT und TRACY MCVEIGH. [Original] [Übersetzungs-Service]LONDON. The human form of mad cow disease claimed its youngest victim yesterday as it emerged that potentially lethal BSE-infected waste is leaking into the environment from the carcasses of infected cattle.
Zoe Jeffries, a sports-mad 14-year-old who loved cheeseburgers, became victim number 82 of the epidemic that broke out after the Government repeatedly misled the public about the dangers of eating beef until a ban was announced in 1996. Zoe's death was announced yesterday by a Greater Manchester police spokesman, who said: 'Ms Jeffries had been diagnosed some time ago as suffering from vCJD, the human form of BSE. She died this morning at her home. Her family would like to work through this difficult period with as much privacy and dignity as possible.'
Harrowing footage of Zoe, lying sedated and uncomprehending as her mother and three younger sisters took turns to stroke her hair, was released ahead of the Government's BSE report published last week, which revealed an astonishing level of cover-ups to prevent the public knowing the truth about the scale of the disease. The pictures showed Zoe lying in a metal-sided bed in her Wigan home, with posters of Leonardo DiCaprio around her. Stroking her hair, Helen, Zoe's mother, said: 'It's just as if someone had stuck a knife into Zoe's body. I really do think she has been murdered.' Her mother also expressed guilt because she frequently fed her children beefburgers.
'I can't remember the makes I bought but they were the cheapest ones. Zoe ate them probably three times a week from the age of two-and-a-half until she was five. It's what she liked to eat. I bought mince and shepherd's pies.' As Zoe's death was announced, the scale of a possible CJD epidemic was being reassessed. A 74-year-old man who died last year was yesterday confirmed to have had the disease.
The death has triggered questions over whether a larger section of society than initially thought could be vulnerable to the disease. Medical professionals are being urged to be 'more vigilant' about causes of death among the elderly, a Department of Health spokesman said.
Infected ash leaks from cattle carcass incinerators
The news of the latest fatalities came as an Observer investigation discovered that BSE-infected ash is escaping from incinerators burning slaughtered cattle as well as dumps storing mountains of cow carcasses.Sources have revealed Environment Agency fears that a Lincolnshire incinerator burning 250 tonnes of cattle a day since April is not destroying the infective BSE protein which transmits the disease to humans. Tests carried out by Environment Agency officials on ash from one incinerator have found potentially lethal proteins in the residue. The agency has demanded that Fibrogen, the company which owns the incinerator, 'identifies measures to improve the combustion of the material' and 'design and install' new equipment.
The ash containing the BSE proteins is being put on trucks, driven to Scunthorpe and dumped in a landfill site in the North Lincolnshire village of Winterton. It has also emerged that the Environment Agency is investigating the storage of thousands of tonnes of cattle carcasses in an old bowling alley in Blyton, Lincolnshire.
Photographic and video evidence taken by local residents show trucks leaving the dump covered with cow remains. One photo shows maggots on the truck. The agency has confirmed its legal team is considering action against the owners. Mandy Thompson, who lives in Blyton, said: 'This material carries the risk of a hideous and incurable disease. It is diabolical what is happening. We have always been told that it is safe and that none of this material can escape, but we've seen trucks coming out of the depot covered in the stuff.'
These problems highlight the continued public health hazard caused by BSE and the slaughter of hundreds of thousands of older cattle a year under a government scheme designed to halt the spread of mad cow disease. After the BSE scandal erupted in 1996, the Government demanded that all cattle over 30 months should be destroyed even if they showed no signs of BSE. The fear was that older cattle were most likely to be incubating the disease and the Ministry of Agriculture estimates that 1 per cent might be contaminated.
The original plan was for the carcasses to be boiled, mashed up and then burnt in a furnace at a temperature of more than 1,000 Celsius to kill the BSE protein. But until this April there was only one incinerator, in Southampton, capable of burning the cattle remains at such a temperature. As a result 'mad cow mountains' have been building up in secret warehouses around the country which now hold more than 400,000 tonnes of BSE waste.
Useful UK links:
[The Guardian: The BSE Crisis] [The BSE Inquiry]
[Department of Health BSE/CJD site] [MAFF BSE site]
[Human BSE Foundation voluntary support group]
[Food Standards Agency BSE Review]
[BSE news and research]
Briten rechnen mit mehr BSE-Opfern als vermutet
Neue Todesfälle verunsichern die Öffentlichkeit
Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 30. Oktober 2000, Seite 40 (Aus aller Welt). [Original]MANCHESTER/LONDON. Wenige Tage nach Veröffentlichung des BSE-Untersuchungsberichts hat der Tod von zwei Creutzfeldt-Jakob-Kranken die britische Öffentlichkeit weiter verunsichert. In Wigan nahe Manchester starb am Sonnabend, wie berichtet, ein 14-jähriges Mädchen an der vermutlich durch den Verzehr von BSE-verseuchtem Rindfleisch ausgelösten Krankheit, wie die Polizei mitteilte. Das Schicksal der kleinen Zoe Jeffries hatte erst am Mittwoch die britische Öffentlichkeit erschüttert, als das Fernsehen Bilder des leidenden Mädchens zeigte.
Außerdem wurde am Wochenende bekannt, dass auch ein im vergangenen Jahr verstorbener 74-Jähriger der Krankheit erlegen war. Bislang gingen die Mediziner davon aus, dass nur jüngere Menschen an Creutzfeldt-Jakob [CJD] erkranken.
Experten zeigten sich beunruhigt über den Fall des 74-Jährigen, bei dem die Mediziner bisher von einer anderen Todesursache ausgegangen waren. Nun müssen möglicherweise alle Schätzungen über die voraussichtliche Zahl der Todesopfer nach oben korrigiert werden. Der Chef der Gesundheitsbehörde Liam Donaldson sagte der BBC, möglicherweise litten zahlreiche alte Leute, bei denen Demenz (Altersschwachsinn) diagnostiziert werde, in Wirklichkeit an CJD. Die tatsächliche Verbreitung der Krankheit könne wesentlich höher sein als bislang befürchtet, bestätigte der Mediziner Roy Anderson. Auch der britische Landwirtschaftsminister, Nick Brown, rechnet mit zahlreichen weiteren Fällen. Beim derzeitigen Stand der Forschung sei jedoch eine genaue Prognose nicht möglich, sagte er am Sonntag.
In dem Fernsehbericht über Zoe Jeffries hatte die Mutter den Verlauf der unheilbaren Hirnkrankheit vom Auftreten des ersten Symptoms, einer Depression, bis zum völligen geistigen Verfall ihrer Tochter beschrieben. Der Sender Channel 4 zeigte die 14-Jährige stöhnend und hustend, mit geschlossenen Augen und erloschen wirkendem Gesicht auf dem Totenbett. Die Krankheit war bei dem Mädchen erst im April 1998 diagnostiziert worden.
Zoes Mutter Helen warf den britischen Behörden vor, ihr Kind durch mangelnde Information der Öffentlichkeit über die Risiken einer BSE-Übertragung auf den Menschen quasi "ermordet" zu haben. Zoe ist offiziell das 81. Todesopfer der qualvollen Krankheit. Weitere vier Menschen sind derzeit an Creutzfeldt-Jakob erkrankt.
Unterdessen berichtete die Wochenzeitung The Observer, dass selbst durch die Einäscherung der Rinderkadaver das BSE-übertragende Eiweiß nicht vollständig vernichtet werden kann. Demnach ergaben Tests der britischen Umweltschutzbehörde, dass Asche aus einem Verbrennungsofen im ostenglischen Lincolnshire noch immer Spuren der Rinderkrankheit aufweist. Da die Asche in Landauffüllungen verwendet werde, könne sie auch ins Grundwasser gelangen, schreibt The Observer, Nach Bekanntwerden des BSE-Skandals wurden in Großbritannien insgesamt 4,3 Millionen Kühe notgeschlachtet. Der Zeitung zufolge liegen in Lagerhäusern in ganz Großbritannien 400.000 Tonnen "Berge wahnsinniger Rinder-Kadaver". [Observer-Artikel]
Erst am Donnerstag [26.10.2000] hatte eine unabhängige Untersuchungskommission bei der Vorlage des Berichts ehemaligen britischen Regierungen vorgeworfen, Warnungen von Wissenschaftlern über eine mögliche Übertragung des Rinderwahnsinns auf den Menschen nicht beachtet zu haben. Die derzeitige Regierung hatte daraufhin einen Entschädigungsfonds für BSE-Opfer im Umfang von mehreren Millionen Pfund angekündigt.
EU muss bei BSE Notbremse ziehen
Niedersachsen fordert Exportverbot für französisches Fleisch / Zahl der Fälle von Rinderwahn stark gestiegen
Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 31. Oktober 2000, Seite 1 (Haupt-Schlagzeile). [Original]HANNOVER/BERLIN/BRÜSSEL. Der niedersächsische Landwirtschaftsminister Uwe Bartels (SPD) hat ein striktes Exportverbot für Rindfleisch und Rindfleischprodukte aus Frankreich gefordert. Grund sei der "sprunghafte Anstieg" der Zahl von BSE- Fällen in Frankreich, erläuterte er am Montag. In diesem Jahr gebe es bereits annähernd 100 Fälle von Rinderwahnsinn. Es sei höchste Zeit für die EU-Kommission, die Notbremse zu ziehen. Die EU-Kommission plant allerdings keine besonderen Maßnahmen. Dagegen zeigte sich Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) besorgt wegen der jüngsten BSE-Fälle.
Die Grünen-Vorsitzende Renate Künast brachte wegen der französischen BSE-Fälle erneute Importverbote für Rindfleisch in die Diskussion. Unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes wären Importverbote richtig, sagte Künast nach Beratungen ihres Parteivorstandes in Berlin.
Auch die nordrhein-westfälische Umweltministerin Bärbel Höhn begrüßte den niedersächsischen Vorstoß für ein Exportverbot gegen französisches Rindfleisch. Man müsse jedoch konsequent sein und die Aufhebung des Exportverbots für britisches Rindfleisch zurücknehmen, sagte die Grünen- Politikerin dem Tagesspiegel. Durch Schnelltests würden in Frankreich besonders viele kranke Tiere entdeckt. Die Zahl der erkrankten Rinder sei in Großbritannien pro Woche jedoch erheblich höher, so dass man von einer weit größeren Dunkelziffer ausgehen müsse. Niedersachsen sei seinerzeit im Bundesrat entscheidend für die Aufhebung des Exportverbotes für britisches Fleisch gewesen. Deswegen will Höhn sich nun mit ihrem Amtskollegen in Hannover in Verbindung setzen, um zu prüfen, ob eine gemeinsame Initivative für ein Exportverbot für britisches und französisches Fleisch möglich ist.
In den Bundesländern werden derzeit die von der EU ab dem 1. Januar 2001 geforderten BSE-Schnelltests vorbereitet. In Brandenburg soll in den kommenden Wochen die ersten Tests durchgeführt werden. In Bayern und Nordrhein- Westfalen werden bereits entsprechende Untersuchungen an verendeten Rindern durchgeführt.
Die Europäische Kommission in Brüssel sieht gegenwärtig noch keine Notwendigkeit, sich mit den in Frankreich aufgetretenen Fällen zu beschäftigen oder gar Importverbote zu verhängen. Die Ausmaße seien überhaupt nicht zu vergleichen, sagte ein Sprecher des EU-Verbraucherkommissars David Byrne. In Großbritannien und Portugal seien bisher viel mehr Fälle von BSE aufgetreten. Auf eine Million Tiere, die älter als zwei Jahre sind, kommen in Großbritannien 510 BSE- Fälle und in Portugal 200 BSE- Fälle. In Frankreich kommen dagegen nur 8 Fälle auf eine Million Tiere. Voraussetzung für die Verhängung weiterer Auflagen seien 100 BSE-Fälle auf eine Million Tiere. In der EU-Kommission geht man davon aus, dass die französischen Fälle auf Grund des strengen Überwachungssystems entdeckt wurden, das in Frankreich bereits sei 2 Monaten angewendet wird.
[Rinderwahnsinn Eine Krankheit, die bis heute nicht heilbar ist]
[Vertrauen ist gut, Schnelltests sind besser]
CJD: Eine Analyse des Nervenwassers lässt Rückschlüsse zu
Die Göttinger Neurologin Inga Zerr über Untersuchungsmethoden
Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 31. Oktober 2000, Seite 6 (Politik). Mit Inga Zerr sprach CLAUDIA KELLER. [Original]GÖTTINGEN. An der Neurologischen Klinik der Universität Göttingen ist 1993 im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums eine Forschungsgruppe zur Creutzfeld-Jakob-Krankheit [CJK = CJD] eingerichtet worden. Die Neurologin Inga Zerr ist stellvertretende Leiterin der Forschungsgruppe, die an einer Epidemologie der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit [CJD] arbeitet. Die Gruppe beurteilt deutschlandweit Verdachtsfälle daraufhin, ob der Patient an CJD erkrankt ist oder nicht.
Tagesspiegel: Was sind die ersten Anzeichen für CJD?
Zerr: Bei vielen Patienten sind es rapide fortschreitende Gedächtnisstörungen. Bei anderen beginnt es mit Gangstörungen, die kognitiven Störungen kommen später hinzu.
Tagesspiegel: Wie kann man CJD diagnostizieren? Gibt es einen Test?
Zerr: Es gibt bisher noch keinen definitiven Test, weder für Rinder noch für Menschen. Der definitive Beweis der Krankheit erfordert immer eine Untersuchung des Hirngewebes. Im Hirngewebe von erkrankten Menschen lässt sich das sogenannte pathologisch gefaltete Prionprotein finden. Aber auch Untersuchungen des Nervenwassers mittels Liquorpunktion im Lendenwirbelbereich führen weiter. Denn im Nervenwasser von erkrankten Patienten findet man eine erhöhte Konzentration an Eiweißen, die aus den Nervenzellen stammen. In Kombination mit klinischen Befunden wie kognitiven Störungen oder neurologischen Auffälligkeiten kann man mit diesem Eiweiß- Nachweis die CJD von anderen Krankheiten abgrenzen.
Tagesspiegel: Ist CJD ansteckend?
Zerr: Man kennt verschiedene Formen dieser Krankheit. Es gibt Formen, die durch eine Übertragung stattgefunden haben. Eine Übertragung ist aber nur über Hirngewebe und bis zu einem gewissen Grad über Nervenwasser und Rückenmark möglich. Die Übertragungen, die stattgefunden haben, sind bei Gehirnoperationen erfolgt oder durch das Spritzen von Wachstumshormonen, die früher aus der Hirnanhangsdrüse gewonnen wurden. Eine Übertragung über das Blut wurde bisher nicht nachgewiesen, ist aber für die neue Variante der CJD, die in England diagnostiziert wurde, nicht auszuschließen.
Tagesspiegel: Kann ein Hausarzt CJD diagnostizieren?
Zerr: Wenn ein Hausarzt mit dieser Krankheit bekannt ist, kann er sie diagnostizieren. Aber da es bisher noch eine sehr seltene Krankheit ist, ist es am besten, man lässt sich von einem Neurologen oder einem Psychiater in einer Klinik untersuchen.
Tagesspiegel: Gibt es eine Hotline, bei der man sich beraten lassen kann?
Zerr: Wir sind quasi die Hotline. Bei uns fragen häufig Menschen nach, die Angst haben, sie könnten von der Krankheit befallen sein oder Angehörige von Erkrankten.
Tagesspiegel: Hat es auch in Deutschland schon Fälle der neuen Variante von CJD gegeben, die man gerade in England diagnostiziert hat?
Zerr: Bisher haben wir in Deutschland noch keinen Fall der neuen Variante diagnostiziert. Wenn die ersten Fälle in Deutschland auftreten, wird es sicherlich erst einmal einen Lernprozess über das Krankheitsbild geben. Was wir wissen, ist, dass man die neue Variante der CJD über die Kernspintomographie von der bisher bekannten sogenannten sporadischen Variante der CJD unterscheiden kann.
Tagesspiegel: Wie können sich Neurologen und auch Hausärzte fortbilden, was CJD angeht?
Zerr: Wir bieten ein bis zwei Mal im Monat in neurologischen und psychiatrischen Kliniken Fortbildungskurse an.
Tierreste nicht mehr verfüttern
Gesundheitsministerin kündigt BSE-Gespräch mit Bundesländern an
Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 1. November 2000, Seite 6 (Politik).LONDON/BERLIN. Die britische Behörde für Lebensmittelsicherheit [FSA] hat die Regierung aufgefordert, die Verfütterung von Tierresten an andere Tiere grundsätzlich zu verbieten. In einem Bericht der Food Standards Agency heißt es, ein Verbot des tierischen Kannibalismus könne das Risiko einer Verbreitung des Rinderwahnsinns (BSE) erheblich verringern. Bisher ist in Großbritannien die Verfütterung von Fleisch und Knochenmehl an Kühe, Schafe, Ziegen, Schweine und Geflügel verboten [Ed: auch an Schweine und Geflügel?]. Erlaubt ist jedoch die Beimischung von Blut, Gelatine und Talg zum Futter.
Nach den jüngsten BSE-Vorfällen in Frankreich und Großbritannien forderten die Arbeitgemeinschaft der Verbraucherverbände und die FDP die europaweite Einführung von Schnelltests bei [allen] Rindern. Auch Deutschland könne sich nicht guten Gewissens als BSE-frei betrachten, sagte AgV-Geschäftsführerin Anne-Lore Köhne. Gesundheitsministerin Fischer kündigte für November ein Expertengespräch mit den Bundesländern an, bei dem auch über mögliche weitere Schritte geredet werden soll. [mehr]
US-Jäger fürchten BSE-ähnliche Wildkrankheit
Aus: Yahoo-News, 1. November 2000, 16.51 Uhr (Vermischtes). [Original]DENVER. Eine der Rinderseuche BSE ähnliche Hirnkrankheit bei Elchen und Hirschen schreckt derzeit Wildjäger in den USA auf. "Es ist sicherlich ein Cousin des Rinderwahnsinns", sagte Jeff Obrecht von der Jagd- Behörde im US-Bundesstaat Wyoming heute. Allerdings gebe es keinen Beweis für die Übertragung der Krankheit auf den Menschen, sagte Richard Hoffman, medizinischer Leiter für den Bundesstaat Colorado. Trotzdem seien die Jäger angewiesen worden, auf den Verzehr von Hirn oder Rückenmark der an der "Chronic Wasting Disease" (CWD, etwa: Chronische Schwundkrankheit) erkrankten Tiere zu verzichten. CWD greife das Nervensystem an.
Elche und Hirsche würden im Endstadium der Krankheit langsam dahin schwinden, sagte Ron Walker von der Elch- Jagdzuchtvereinigung in Colorado. "Sie hören auf zu essen und zu trinken". Bei weniger als einem Prozent der im südöstlichen Wyoming und dem benachbarten nordöstlichen Colorado lebenden Elche ist bislang CWD festgestellt worden. In Colorado leben etwa 250.000 Elche. Bei den Hirschen erkrankten nach offiziellen Angaben in Wyoming 7 bis 10 % und in Colorado 4 bis 6 %.
BSE und CWD werden beide durch Prionen genannte Proteine ausgelöst. BSE löst beim Menschen vermutlich eine Variante der tödlichen Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJD) aus.
[19.12.2000: Kanadier töten 1500 Elche wg. CWD]
Britische Bauern für Verbot von Tierresten als Futter
Aus: Yahoo-News, 1. November 2000, 16.58 Uhr (Politik). [Original]LONDON. Britische Bauern und Tierfutterhersteller haben sich heute der Forderung nach einem vollständigen Verbot für die Verfütterung von Tierresten zur Bekämpfung der Rinderseuche BSE angeschlossen. Die britische Lebensmittelbehörde (FSA) hatte gestern verlangt, dass das bestehende Verbot Tierreste zu verfüttern erweitert werde. Bislang gelte das Verbot nur für Rinder, Schafe und Ziegen, müsse aber auf Schweine, Geflügel und Fische erweitert werden. BSE verbreitet sich nach Ansicht von Experten über verseuchtes Tierfutter. Die FSA wolle zudem die Europäische Union (EU) zu einem vollständigen Verbot bewegen.
Ein Sprecher der britischen Handelsorganisation für Agrarlieferungen (UKASTA) sagte, die Hersteller von Tierfutter hätten seit 1996 in keiner Form Fleisch oder Knochenmehl verwendet. Es gebe jedoch Länder, die noch billiges Futter einsetzten und somit billiges Fleisch herstellten, das dann eingeführt werde. Auch die UKASTA dränge auf europaweites Handeln, um die Seuche aufzuhalten. Die FSA fordert zudem, dass Schafe auf BSE untersucht werden, da die für den Menschen ungefährliche Schafskrankheit Scrapie ähnliche Symptome wie BSE aufweise.
BSE tauchte 1986 erstmals in Großbritannien auf. Beim Menschen löst die Seuche eine Variante der tödlichen Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJD) aus, an der bisher mindestens 85 Menschen gestorben sind.
Schweiz: BVET am Scheideweg
Forderungen reichen von Vernichtung der Tiermehlbestände bis flächendeckende BSE-Tests / Radikallösung würde dreistelligen Millionenbetrag kosten
Aus: Yahoo-News, 2. November 2000, 13.07 Uhr (Schweiz). [Original]BERN/ZÜRICH. Die Bundesbehörden stehen im Kampf gegen den Rinderwahnsinn am Scheideweg. Der Spielraum für strengere Auflagen an die Tierverfütterung ist klein, wie eine AP-Umfrage zeigt. Die Radikallösung, ein völliger Verzicht auf Schlachtfleischabfälle, würde schätzungsweise einen dreistelligen Millionenbetrag kosten.
"Es gibt keine Tabus", sagte der Sprecher des Bundesamtes für Veterinärwesen (BVET), Heinz Karl Müller, auf Anfrage. Neue Entscheide sind nach den Konsultationen vom (morgigen) Freitag [3.11.2000] aber nicht zu erwarten. "Wir werden höchstens die Stossrichtung festlegen", sagte er. Harte Forderungen stehen auf dem Tisch: Das Konsumentinnenforum Schweiz (KF) fordert ein umgehendes generelles Verbot für die Tiermehlverfütterung an alle Tiere. Um jegliches Verwechslungs- oder Vermischungsrisiko auszuschliessen, sollen die bestehenden Tiermehlbestände vernichtet werden. "Das Risiko ist zu hoch, um damit zu spielen", sagte KF-Geschäftsführerin Heide Köppel. Auch die Stiftung für Konsumentenschutz begrüsst schärfere Massnahmen. Sie rät vom Konsum von Fleisch mit undefinierten Bestandteilen ab, wie dies etwa Hamburger seien. Der Verein Rinderwahnsinn.ch hat die sofortige Einführung von flächendeckenden Tests zur Erkennung der Bovinen spongiformen Enzephalopathie (BSE) verlangt. Dieser Forderung geben Konsumentenorganisationen und auch Grossverteiler wenig Kredit, weil mit den Tests eine Sicherheit vorgegaukelt werde, die im Prinzip nicht bestehe. Sie stehen deshalb auch nicht auf der Traktandenliste der Behördengespräche mit den Direktinteressierten.
Das Problem liegt nach Einschätzung der Veterinärbehörden darin, dass sich erst in 4 bis 5 Jahren zeigen wird, ob neu getroffenen Massnahmen wirksam sind. Das gilt auch für die seit Anfang Monat geltende "Nulltoleranz" von Tiermehl im Mischfutter, die jetzt strafrechtlich geahndet wird. Das Verbot für Tiermehlverfütterung könnte nun auch auf Schweine und Geflügel ausgedehnt werden. Darüber diskutieren EU-Länder. Für Müller steht angesichts des engen Spielraums die Frage zur Diskussion, ob allenfalls vollständig auf die Verwertung von Schlachtabfällen verzichtet werden soll. Das wirft ethische, ökologische und finanzielle Fragen auf: "Sollen wir die Hälfte des Rindes und damit eine wertvolle Proteinquelle einfach unter der Verwendung von nicht erneuerbarer Energie in Rauch aufgehen lassen?", fragt Müller. Das Verbrennen der Schlachtabfälle würde gemäss Schätzungen aus Produzentenkreisen Kosten im Umfang von einer dreistelligen Millionenzahl verursachen. Jedes Jahr fallen rund 180.000 Tonnen Schlachtabfälle an. Daraus entstehen rund 130.000 Tonnen Mehle. Ein Teil davon wird bereits verbrannt, verwertet werden rund 100.000 Tonnen. Lediglich 5.000 Tonnen davon gehen in die Fütterung von Schweinen und Geflügel, der Rest wird exportiert.
Vorerst keine Auswirkungen durch den Rückfall in der BSE-Bekämpfung durch die beiden jüngsten Fälle von Rinderwahnsinn werden am Markt erwartet. Weder die Grossverteiler noch die Genossenschaft für Schlachtvieh und Fleischversorgung (GSF) befürchten einen Rückgang der Rindfleischverkäufe. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen seien kaum grössere Auswirkungen zu erwarten, sagte GSF-Direktor Jürg Schletti. Alles Interesse an einer raschen Lösung, das heisst eine BSE-freie Schweiz, hat auch der Schweizerische Bauernverband. Denn nach wie vor ist der Export von Lebendvieh praktisch unmöglich und rund 20 Länder verweigern den Import von Rindfleisch oder dessen Bestandteilen aus der Schweiz.
Konsumentenforum Schweiz fordert generelles Tiermehl-Verbot
Aus: Yahoo-News, 2. November 2000, 13.39 Uhr (Schweiz). [Original]ZÜRICH. Angesichts der zwei jüngsten BSE-Fälle in der Schweiz fordert das Konsumentenforum Schweiz umgehend ein generelles Verbot der Tiermehl-Fütterung. Künftig solle auch die Verfütterung von Tiermehl an Schweine und Geflügel verboten werden, schrieb das Konsumentenforum heute in einem Communiqué. Zudem verlangt das Konsumentenforum die Vernichtung der Tiemehl- Bestände.
Trotz des seit 1990 bestehenden Fütterungsverbots für Wiederkäuer sind im Oktober dieses Jahres erneut zwei Kühe an BSE erkrankt, wie das Bundesamt für Vetereinärwesen (BVET) am Mittwoch [1.11.2000] mitteilte. Die beiden Tiere wurden nach dem Tiermehl-Fütterungsverbot für Kühe geboren. Aufgrund der beiden neuen Fälle wolle das Bundesamt über die Erweiterung des Massnahmenpaketes zur Bekämpfung des Rinderwahnsinns beraten. Ergebnisse sollen noch diese Woche verkündet werden, wie es hiess. Es wird vermutet, dass die Ansteckung der Kühe mit BSE via Tiermehl stattfindet.
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