Noch enthält diese Chronik manche Lücken, die aber nach und nach
geschlossen werden sollen.
11. Februar 1985 |
Die Kuh 133 stirbt in Sussex (Südengland). Inzwischen
zeigen auch andere Kühe die gleichen seltsamen Symptome. Die BSE-
Epidemie hatte begonnen. |
April 1985 |
Auch in der Grafschaft Kent in England treten die ersten BSE-Fälle bei
Rindern auf. Es passiert daraufhin nichts. Der britische
Landwirtschaftsminister Michael Jopling (Amtszeit 19831987)
läßt 20 Monate verstreichen, bis er Notschlachtungen
anordnet. |
19. September 1985 |
Staatliche Pathologen stellen fest, daß die Kuh 133
aus Sussex an Spongiformer Enzephalopathie (SE) gestorben ist. |
1985 |
Identifizierung des Gens, das den Bauplan des Prion-Proteins beschreibt, durch den Molekularbiologen Charles
Weissmann und den Neurologen Stanley Prusiner in den USA. Es wird von
einem Gen codiert (Codon 129), das bei allen Menschen und wohl auch bei allen
Säugetieren vorhanden ist. Das Protein wird in großen Mengen in den
Membranen von Nervenzellen (Neuronen) gebildet. Die Funktion ist nicht bekannt,
obwohl an Neuronen- Membranen reichlich geforscht worden ist (Stichworte:
Hodgkin-Huxley, Permeabilität, Ionen-Kanäle, Aktionspotentiale). |
1. Januar 1987 |
In Deutschland tritt das novellierte Tierschutzgesetz vom 18. August 1986
in Kraft. Mit ihm wird durch die unionsgeführte Bundesregierung die
Massentierhaltung legalisiert. Denn im alten Tierschutzgesetz von 1972 war
es eindeutig untersagt, das natürliche Bewegungsbedürfnis von
Tieren dauernd zu verhindern. Das wurde im neuen Gesetz gestrichen und der
Landwirtschaftsminister ermächtigt, die Art der Haltung der Tiere
durch Verordnung zu bestimmen. Bundeslandwirtschaftsminister Ignatz
Kiechle (CSU, Amtszeit April 1983 Januar 1993) erteilte einen
Freibrief für die Massentierhaltung auf engstem Raum:
Eine Beschränkung der Ausübung seines Verhaltens auf
die Möglichkeit der Bedarfsdeckung und der Schadensvermeidung kann dem
Tier, insbesondere dem Nutztier, zugemutet werden. |
Februar 1987 |
Hirnproben von BSE-kranken britischen Rindern zeigen Ähnlichkeiten zu
Scrapie. |
5. Juni 1987 |
4 Rinderherden sind jetzt in Großbritannien von BSE befallen. Das
Central Veterinary Office alarmiert das britische Ministerium für
Landwirtschaft, Fischerei und Ernährung
(MAFF) und teilt mit, daß BSE
eine völlig neue Rinderkrankheit ist. |
1987 |
Der britische Mikrobiologe Stephen Dealler veröffentlichte
einen Artikel über die großen Gefahren von BSE- belastetem
Rindfleisch (beef). Daraufhin werden ihm sämtliche staatlichen
Forschungsgelder gestrichen ohne jegliche Begründung. |
5. November 1987 |
Das britische Wissenschaftsmagazin
New Scientist berichtet erstmals über BSE:
Brain disease drives cows
wild. Im Oktober 1987 hatte ein Forscherteam um Gerald
Wells in The Veterinary Record (Band 121, Seite 419) die
BSE-Symptome und -Pathologie beschrieben. |
November 1987 |
Im Tierexperiment gelingt die Übertragung von BSE auf Mäuse. Ein
Überspringen der Artenschranke kann nicht mehr ausgeschlossen
werden. |
Dezember 1987 |
Wissenschaftliche Untersuchungen deuten auf das in Großbritannien in
großen Mengen verfütterte
Tiermehl (Kadavermehl) als BSE-Infektionsquelle hin. |
1987 |
Schweden verbietet auch aus ethischen Gründen die
Verfütterung von Tiermehlen (MBM) an die
von Natur aus nur pflanzenfressenden Rinder. |
Mai 1988 |
Die britische Regierung setzt eine Expertengruppe unter der Leitung des
Zoologie- Professors Richard Southwood ein. Diese soll die Folgen
von BSE für die menschliche Gesundheit beurteilen. Im Februar 1989
legen diese Experten den Southwood-Report vor. |
21. Juni 1988 |
BSE wird in Großbritannien eine meldepflichtige Tierkrankheit. |
18. Juli 1988 |
Eine staatliche MAFF-Studie kommt zum
Ergebnis, daß die Praxis des Verfütterns von eiweißreichen
Tiermehlen (von Rinder- und Schafs-Kadavern) die einzig mögliche
Ursache von BSE sei. Dieser Kannibalismus wird verboten. Die britische
Regierung untersagt zudem die Verfütterung von Schafsinnereien an
Rinder sowie den Verkauf von Innereien und Milch BSE-infizierter Rinder.
Man wußte bereits seit 1987, daß BSE eine
Prionenkrankheit ist. |
August 1988 |
Der britische Landwirtschaftsminister John MacGregor (Amtszeit
19871989) ordnet an, daß nur Rinder mit akuten BSE-
Symptomen (Gleichgewichtsstörungen, Krämpfe) getötet werden.
Das Rindfleisch aller anderen BSE- infizierten Tiere kommt weiterhin in den
Handel. Einen BSE-Test gab es noch nicht. |
Oktober 1988 |
Die Übertragung der Rinderseuche BSE auf Mäuse wird
wissenschaftlich bewiesen. Das bedeutet, daß BSE die Artenschranke
überspringen kann. Dennoch klammert sich die Southwood-
Kommission an Erfahrungen mit Scrapie
(für Menschen harmlos) und entschied sich nicht für die sichere
Seite, sondern zu der Annahme, daß eine Übertragung von BSE auf
den Menschen unwahrscheinlich sei. Allerdings schreiben sie
dann in ihren Report vom Februar 1989: If our assessments of the
likelihood are incorrect, the implications would be extremely
serious. Sie waren incorrect, was allein bis Ende 1999
dann 55 völlig unnötig Menschen-Opfer
produzierte. |
1988 |
Die USA erlassen ein Importverbot für britisches Rindfleisch. |
1988 |
In Großbritannien sind bereits 2.100 Rinder an der BSE-Seuche
verendet. |
25. Januar 1989 |
Aus Irland wird der 1. BSE-Fall gemeldet. |
9. Februar 1989 |
Im britischen Southwood-Report wird das BSE- Risiko für den Menschen
als verschwindend klein angegeben. Es wird empfohlen,
in Baby-Nahrung künftig keine Rinder- Innereien mehr zu verwenden. In
offiziellen Statements von Politikern der Regierungen Thatcher und
Major wurde daraus alsbald die absolute Entwarnung eine
fatale Fehleinschätzung. |
13. Juni 1989 |
Die britische Regierung kündigt an, bestimmte Rinder- Innereien
für den menschlichen Verzehr zu verbieten. |
Juni 1989 |
Frankreich und Deutschland erlassen ein totales Importverbot für
britisches Rindfleisch. Nach Protesten der EU-Kommission wird die Regelung
aber im Juli wieder aufgehoben. Danach betrifft das Verbot nur noch
Kälber und Rinderinnereien. |
16. Juni 1989 |
Britische Hersteller von Haustier- Futter verzichten freiwillig auf die
Verwertung von Rinder- Hirnen und -Wirbelsäulen sowie anderen
verdächtigen Kadaver- Teilen. |
Mai 1989 |
Deutschland stoppt den Import von Tiermehlen aus Großbritannien. |
28. Juli 1989 |
Die EU verhängt ein Exportverbot für britische Rinder, die vor
dem 18. Juli 1988 geboren wurden, sowie für Kälber von
BSE- verdächtigen Kühen. |
September 1989 |
Das Umweltmagazin Natur
berichtet im Heft 9/1989 im Report Der Staat steht Schmiere
über eklatante Mißstände bei der staatlichen Lebensmittel-
Kontrolle in Deutschland. Aufgestellt werden 12 essentielle Forderungen an
eine verbraucherorientierte Lebensmittelüberwachung.
|
1989 |
Die britische Regierung verfügt ein Massenschlachtungs- Programm
für alle suspekten Rinder. Den Bauern wurde für jedes
bestätigte BSE-Rind lediglich eine Ausgleichszahlung von 50 %
des Wertes gewährt. Eine fatale Fehlentscheidung. Denn so landete das
Rindfleisch vieler infizierter Tiere auf den Eßtellern. Erst ab 1990
zahlte die Regierung dann 100 %. |
13. November 1989 |
In Großbritannien sollen BSE-
Risikomaterialien von Rindern nicht mehr in Nahrungsmittel
gelangen. |
November 1989 |
Der britische Neuropathologe Dr. Robert Perry entdeckt, daß
BSE auch auf den Menschen übertragbar ist. Erst auf Druck des
Auslands verbietet der britische Landwirtschaftsminister John Selwyn
Gummer den Export von Rinderinnereien. Vor laufenden TV-Kameras
läßt er seine 4-jährige Tochter demonstrativ (hirnhaltige)
Hamburger widerwillig verzehren so als wenn nichts gewesen ist. Er versichert,
daß British beef absolut sicher sei. |
1990 |
Bis 1990 erkranken 10.000 britische Rinder an BSE. Die EU-Kommission unter
dem Vorsitz von Jaques Delors verbietet die Ausfuhr von britischen
Kälbern in andere Länder, was später aber wieder gelockert
wird. |
1990 |
In den USA versuchen Labors, Scrapie
durch Injektion auf Rinder zu übertragen. Damit soll getestet werden,
ob eine Ansteckung über die Artengrenze möglich ist. |
3. Februar 1990 |
Wissenschaftler zeigen im Experiment, daß BSE oral auf Mäuse
übertragen werden kann. Damit wird es immer wahrscheinlicher,
daß auch Menschen durch den Genuß von infizierten
Rindfleischprodukten an einer Art BSE erkranken können. |
Februar 1990 |
Wissenschaftler zeigen, daß BSE von Rind zu Rind durch Injektion von
infektiösem Rinderhirn übertragbar ist. |
1990 |
In Großbritannien erkranken jetzt bis zu 300 Rinder jede Woche an der
BSE-Seuche. |
6. März 1990 |
Nach einer EU-Vorschrift müssen alle BSE-Fälle gemeldet
werden. Außerdem verfügt die EU ein Exportverbot für
britische Rinder, die älter als 6 Monate sind oder von Kühen
abstammen, die BSE haben oder unter BSE- Verdacht stehen. |
1990 |
Die Briten richten in Edinburgh eine nationale
CJD-Überwachungsstelle
(UK Creutzfeldt-Jakob Disease Surveillance Unit) ein. |
10. Mai 1990 |
Es gibt einen ersten Hinweis darauf, daß auch Menschen von BSE
betroffen sein könnten. Die Siam-Katze Max erkrankt an
BSE (feline version of BSE). Nachdem in Großbritannien weitere
BSE-Fälle bei Hauskatzen auftauchten, verzichteten alle Hersteller von
Katzenfutter sehr schnell freiwillig auf die Verwendung von
Risikomaterialien aus Schlachtabfällen noch bevor die britische
Regierung über Maßnahmen bei der Menschennahrung entschieden
hatte. |
15. Mai 1990 |
Mehrere britische Schulbehörden verbannen Rindfleisch von den
Speisezetteln der Schulkantinen. Daraufhin erklärt der britische
Landwirtschaftsminister John Gummer, daß britisches
Rindfleisch vollkommen sicher sei. |
16. Mai 1990 |
Der oberste Gesundheitsbeamte des Vereinigten Königreiches, Sir
Donald Acheson, verkündet, daß dank der sorgfältigen
Kontrollen britisches Rindfleisch das sicherste der
Welt sei. |
1. Juni 1990 |
Deutschland verhängt ein totales Importverbot für lebende Rinder
aus Großbritannien. Die Einfuhr von Rindfleisch bleibt
eingeschränkt erlaubt. |
7. Juni 1990 |
Die EU beschließt, daß Rindfleisch aus erkrankten britischen
Beständen exportiert werden darf, wenn vorher risikoreiche Teile
entfernt werden. Auch britische Kälber dürfen exportiert werden.
Daraufhin will Bundeslandwirtschaftsminister Ignatz Kiechle (CSU,
Amtszeit April 1983 Januar 1993) die strengeren deutsche
Vorschriften wieder aufheben. |
Oktober 1990 |
Der Staatssekretär Georg Gallus im Bundeslandwirtschaftsministerium (Bonn)
hält ein Tiermehl- Verbot für
entbehrlich. |
2. November 1990 |
In der Schweiz wird der 1. BSE-Fall entdeckt. Es handelt sich dabei auch
um den 1. nicht importierten Fall auf dem Kontinent. Bei dem Rind wird
eine Ansteckung durch prionenhaltiges
Tiermehl angenommen. |
Dezember 1990 |
Die EU-Kommission verhängt für Rinder, Schafe und Ziegen ein
Verfütterungsverbot von Tiermehlen,
da diese den BSE-Erreger enthalten können, d. h. mit
Prionen belastet sein können
(The Ban). |
Februar 1991 |
Aus Frankreich wird der 1. BSE-Fall gemeldet. Später werden auch in
Irland, Portugal, Belgien, Dänemark und im Jahr 1992 auch in
Deutschland BSE-Fälle entdeckt werden.
Die offizielle
BSE-Statistik wird beim Internationalen Tierseuchenamt
OIE (Office International
des Epizooties) in Paris geführt. |
März 1991 |
Erstmals erkrankt ein Rind an BSE, das nach dem Verbot der
Tiermehlfütterung von 1990 geboren ist. Das ist ein sogenannter
BAB-Fall, von dem es noch viele geben wird. |
1991 |
Nach Medienberichten soll die Verkäuferin Hildegard Onnen aus
Edelsheim das 1. deutsche BSE-Opfer sein. Die Untersuchung ihres Gehirns
soll den CJD-Verdacht bestätigt haben. Ob es tatsächlich
nvCJD war, haben die Medien nicht
berichtet. |
1991 |
Der US-Prionenforscher Stanley Prusiner (1997 Nobelpreis-
Träger der Medizin) warnt in London vor 300 Wissenschaftlern, die
Öffentlichkeit nicht in falscher Sicherheit zu wiegen: Wenn
wir Wissenschaftler gefragt werden, ob BSE auf den Menschen
übertragbar ist, müssen wir ehrlicherweise sagen: Wir wissen es
nicht.
|
1991 |
Nur Keith Meldrum, Chefveterinär des britischen
Landwirtschaftsministeriums MAFF
(Amtszeit 19861996), wußte es bereits ganz genau: Die
Ungefährlichkeit für den Menschen sei
vollkommen klar
. Auch sonst: Wann immer
die BSE- Alarmglocken schrillten, Obervertuscher Meldrum gab Entwarnung.
Bis Ende 2003 stieg in Großbritannien die Zahl der
BSE-Opfer auf 139. |
Februar 1992 |
In Deutschland tritt der 1. BSE-Fall auf. In Schleswig-Holstein stirbt
ein angeblich aus England importiertes Rind an BSE, was aber von den
Behörden zunächst vertuscht wird. Erst 2 Jahre später
Anfang 1994 berichtet das Bundeslandwirtschaftsministerium
unter dem Agrarminister Ignatz Kiechle (CSU, Amtszeit April 1983
Januar 1993) von diesem BSE-Fall. Unabhängige Experten vermuten
aber, daß sich bereits dieses Rind hierzulande mit BSE infizierte.
Eine sorgfältige Untersuchung unterblieb. Und so wird der 1.
hausgemachte BSE-Fall in Deutschland erst im November 2000 offiziell
entdeckt. |
4. März 1992 |
Das britische BSE-Beratergremium SEAC
(Spongiform Encephalopathy Advisory Committee) sagt, daß alle bislang in
Großbritannien getroffenen BSE- Schutzmaßnahmen ausreichen, die
Gesundheit der Bevölkerung zu schützen. |
1992 |
Die Bundesregierung richtet in der Bundesforschungsanstalt für
Viruskrankheiten der Tiere
(BFAV) in Tübingen das
nationale Referenz- Zentrum (Labor) für BSE und Scrapie ein. Es ist
für die amtliche Bestätigung von in Deutschland
auftretenden BSE- Fällen zuständig. |
1992 |
Der britische Mikrobiologe Harash Narang aus Newcastle entwickelt
einen ersten BSE-Test, der bei Rindern auch ohne bestehende Symptome, eine
BSE-Erkrankung erkennt. Seine Forschungsgelder wurden gestrichen. 1994
verliert er sogar seine Stelle. |
Ende 1992 |
In Großbritannien erreicht die BSE-Seuche den Höhepunkt. Jeden
Monat sterben mehr als 2.500 Rinder an BSE, im ganzen Jahr 1992 sind es
37.280. |
1993 |
Experimentell steht jetzt fest, daß BSE auf 19 Tierarten
darunter Schweine, Ziegen, Katzen, Hamster, Waschbären, Schafe,
Panther, Affen, Meerschweinchen übertragen werden kann. Und da
sollte ausgerechnet eine Übertragung auf den Menschen unmöglich
sein? Jeder Politiker hätte die richtige Antwort erraten können,
wenn er nachgedacht hätte. |
1993 |
Das Bundesgesundheitsamt (BGA) richtet an der Neurologischen Klinik der
Universität Göttingen eine Forschergruppe zur deutschlandweiten
Überwachung der tödlichen Creutzfeldt-Jakob-
Krankheit (CJK bzw. CJD) ein. Die Gruppe beurteilt
Verdachtsfälle daraufhin, ob ein Patient an CJD oder der neuen
Variante (nvCJD) erkrankt ist oder nicht. |
11. März 1993 |
Die Zahl der BSE-Fälle in Großbritannien beginnt
zurückzugehen. Die britische Regierung beteuert erneut, daß
British beef absolut sicher sei. Die menschliche Tragödie
(nvCJD) wird erst
1995 beginnen. |
13. März 1993 |
Der Springer Auslands-Dienst (SAD) berichtet aus London über den Tod
des englischen Bauern Peter Warhurst, dessen Kühe am Rinderwahn
(BSE) litten. Der 61jährige Bauer starb an der
Creutzfeldt-Jakob- Krankheit, wobei ein Zusammenhang mit der
BSE-Erkrankung bei den Rindern vermutet wird.
 |
29. März 1993 |
Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtet im Heft 13/1993
(Seite 260264) unter dem Titel Seuchenpfad aus der
Tierwelt über den Erregermechanismus durch
Prionen (infektiöse Proteine) bei
BSE. |
1993 |
Die nordfriesische Tierärztin
Dr. Kari Köster-
Lösche (Autorin des Buches Rinderwahn Die neue
Gefahr aus dem Kochtopf, Ehrenwirth-Verlag, 1995) schlägt Alarm,
weil in allen EU-Ländern mit Ausnahme Großbritanniens
Rindertalg, unter niedrigen Temparaturen gewonnen, zu Baby-Nahrung
verarbeitet wird.
 |
1993 |
Die deutsche Tierärztin Dr. Margrit Herbst entdeckt bei
Inspektionen des Schlachthofs von Bad Bramstedt in Schleswig- Holstein seit
Anfang der 90er-Jahre 21 BSE- verdächtige Rinder. Als Dr. Herbst 1993
öffentlich eine gründliche Untersuchung fordert, wird sie
strafversetzt und 1994 entlassen. Danach bekam sie keine Anstellung mehr
in ihrem Beruf. |
|
Von diesem Fall war später nie wieder etwas zu hören. Warum?
Kein Journalist bemühte sich um eine Antwort. Erst die Fernsehsendung
Das BSE-Chaos von
N3 aktuell bringt am 30. November
2000 (um 21 Uhr) etwas Licht ins Dunkel: Die beiden Tierärztinnen
sprechen jetzt sogar von einer regelrechten
BSE-Connection. Die Landwirtschaftsministerin von
Schleswig- Holstein, Ingrid Franzen (SPD), sagt in der Sendung, da
war kein BSE in Bad Bramstedt. Nur noch eine penible
Untersuchung werde klären, ob damals der Landrat des Kreises Segeberg
BSE-Fälle vertuschen wollte, hieß es.
[Die Welt: Tierärztin
warnte vor BSE und wurde entlassen] |
1993 |
Dem EU-Agrarkommissar René Steichen ist das Leben von Menschen
gleichgültig. Er schreibt an das deutsche Gesundheitsministerium, daß
eine neue öffentliche Debatte über die BSE- Problematik
gefährlich wäre. Jede neue Diskussion hat
dramatische Auswirkungen auf den Rindfleischverbrauch der gesamten
Gemeinschaft. |
? 1994 |
Der britische Mikrobiologe Dr. Stephen Dealler (Burnley, UK) startet im
World Wide Web des Internets ein
kritisches
Informationsangebot zu BSE und CJD unter dem Pfad
http://www.airtime.co.uk/bse/welcome.htm. |
1994 |
Der britische Biobauer Mark
Purdey vermutet Anfang der 90er-Jahre Pestizide als BSE- Ursache. Zur
Bekämpfung der Dasselfliege (warble fly) bei Rindern wurde in
Großbritannien seit 1982 die Verwendung des Organo-Phosphat- Präparats
Phosmet staatlich vorgeschrieben. Phosmet enthält auch Thallium- Verbindungen.
Phosmet ist ein sehr starkes Nervengift, das offensichtlich in der Lage ist, Prionen
in Nervenzell- Membranen toxisch werden zu lassen.
|
1994 |
Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU, Amtszeit 19921998)
fordert ein Einfuhrverbot für britisches Rindfleisch, um das
nicht zu verantwortende Experiment am Menschen zu beenden. Aber
die EU-Minister sind dagegen. |
1994 |
Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) löst nach dem
AIDS- Skandal das Bundesgesundheitsamt (BGA) auf. Teile des BGA bestehen
als eigenständige Bundesinstitute nebeneinander weiter, darunter:
Robert-Koch-Institut (RKI, Berlin),
Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte (BfArM, Berlin),
Bundesinstitut für gesundheitlichen
Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV, Berlin). Mit der
Auflösung des BGA erfolgte zugleich die Zerstörung von
Organisationen, die gerade für einen modernen Verbraucherschutz alle
Voraussetzungen geschaffen hatten
, was sich im Jahr
2000 in Zeiten von BSE rächte.
|
1994 |
Der Kieler Zoologie-Professor Sievert Lorenzen informiert den
niedersächsischen Landwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke
(SPD), daß an BSE erkrankte Import-Rinder auf einem Hof bei Hannover
die Seuche vielleicht doch nicht eingeschleppt, sondern sich womöglich
erst in Deutschland infizierten. Funke ist dem Hinweis nicht ernsthaft
nachgegangen.
|
Juni 1994 |
Die Forschung beweist, daß BSE bei Rindern auch oral, d. h. durch
die Nahrungsaufnahme übertragen werden kann. Ein Rind ist todgeweiht,
wenn es nur 0,1 Gramm infektiöses Rinderhirn (etwa 100 Mio.
PrPsc- Prionen) gefressen
hat. |
Juni 1994 |
Die britische Regierung räumt ein, daß Schafsinnereien auch nach
dem Verbot von 1988 an Rinder verfüttert worden
sind. |
Juni 1994 |
Die Umweltministerin Klaudia Martini (SPD) aus Rheinland-Pfalz
fordert einen sofortigen Importstop von britischem Rindfleisch. Einige
Bundesländer erlassen ein Schlachtverbot für importierte
britische Rinder, die älter als 6 Monate sind. |
27. Juni 1994 |
Die EU verbietet das Verfüttern von aus Säugetiergewebe
gewonnenen Futtermitteln (Tiermehl) an Wiederkäuer (The
Real Ban). Das Verfüttern von
Tiermehlen an andere Tiere wie Schweine, Hühner oder Fische bleibt
erlaubt. |
1. Juli 1994 |
Die Creutzfeldt-Jakob- Krankheit (CJK bzw. CJD)
wird in Deutschland nach dem Bundesseuchengesetz eine
meldepflichtige Krankheit. |
Juli 1994 |
Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU, Amtszeit
19921998) kann sich bei der EU nicht mit einem Importverbot
durchsetzen. Dennoch zeigt er sich zutiefst zufrieden. Und er
hebt das Schlachtverbot für über 6 Monate alte britische Rinder
wieder weitgehend auf. |
März 1995 |
Im Magazin Spektrum der Wissenschaft wird die Arbeit
Prion-Erkrankungen des amerikanischen
Neurologen
Stanley B. Prusiner in Deutsch publiziert (Heft 3/1995,
Seite 4452). Im Vorspann heißt es: Der Verdacht
wurde zunächst als schier unsinnig verworfen. Inzwischen mehren sich
aber die Hinweise, daß Partikel nur aus Protein bei Tieren und auch
beim Menschen infektiöse, erblich bedingte und spontan entstehende
Leiden verursachen. Der Rinderwahn ist eines davon. Prusiner
arbeitete seit 1972 an der Prionen- Theorie. Er wird dafür 1997 mit dem Medizin- Nobelpreis geehrt werden. |
Mai 1995 |
Stephen Churchill, 19 Jahre, stirbt an einer neuen Variante der
tödlichen Creutzfeldt-Jakob- Krankheit
(nvCJD).
Er ist das 1. BSE-Opfer in
Großbritannien. Seine Mutter Dorothy Churchill beginnt
den Kampf gegen das Schweigen und das Vertuschen. Die nur sporadisch
auftretende klassische Form der Creutzfeldt-Jakob-
Krankheit tritt gewöhnlich erst nach dem 55. Lebensjahr auf. |
1995 |
1995 gab es in Großbritannien noch 2 weitere BSE-Opfer zu beklagen.
James Ironside, Pathologe an der CJD- Überwachungsstelle in
Edinburgh, entdeckt, daß das Gehirn der Verstorbenen einen sehr
ungewöhnlichen schwammartigen Zerfall aufweist, der sich deutlich von
der klassischen Creutzfeldt-Jakob-Krankheit
unterscheidet. Er nennt deshalb diese neue tödliche Hirnkrankheit, die
alle Neuronen zerstört, new variant CJD
(nvCJD oder kürzer vCJD). |
1995 |
Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) will alle 5.000 aus
Großbritannien importierten Rinder, die auf deutschen Weiden stehen,
töten lassen. Die Bundesländer weigern sich: Dafür fehle
die Rechtsgrundlage, heißt es. |
1995 |
Trotz Warnung aller Experten verzögerte Bundeslandwirtschaftsminister
Jochen Borchert (CDU, Amtszeit Januar 1993 Oktober 1998) die
Einfuhrbeschränkungen für britische Rinder: Kein
Alleingang. |
1995 |
Der britische Gesundheitsminister Stephen Dorell startet die
landesweite Werbekampagne Beef is safe. Er
verzögert absichtlich die Veröffentlichung eines kritischen
Expertenberichts um 7 Monate. |
November 1995 |
Kontrolleure des britischen Landwirtschaftsministeriums
(MAFF) informieren das im Mai 1990
eingesetzte Spongiform Encephalopathy Advisory Commitee
(SEAC), daß in britischen
Schlachthöfen der Bann von 1988 von BSE-Risikomaterial wie Nervengewebe und
Rinderinnereien nicht strikt beachtet wird. So enthielten Rinderhälften noch
immer Nervenstränge. Womöglich hochinfektiöses BSE-Material konnte
also 6 Jahre lang weiter in die menschliche Nahrungskette gelangen. Der SEAC-
Vorsitzende Robert Will zeigte sich entsetzt. |
Dezember 1995 |
Der Bundesrat beschließt ein totales Importverbot für
britische Rinder. Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU):
Das verstoße gegen EU-Recht. |
März 1996 |
In Großbritannien sind bereits 8 jüngere Menschen an
nvCJD (BSE beim Menschen) erkrankt. Die
SEAC vermutet als wahrscheinlichste Ursache der
tödlichen Krankheit den Genuß prionenverseuchter Rindfleischprodukte und
warnt die britische Regierung. Gesundheitsminister Stephen Dorrell informiert
noch am gleichen Tag das britische Parlament. |
15. März 1996 |
Der britische Premierminister John Major gibt erstmals
öffentlich den Zusammenhang zwischen BSE und den an
nvCJD erkrankten Menschen zu: Von BSE
können auch Gesundheitsgefahren für den Menschen ausgehen.
Jahrelang hat er gelogen. Und er hat dann noch die Chuzpe, von der EU die
Bezahlung (80 % der Ausfälle bei der Rindfleischproduktion) für
das totale Versagen der konservativen Regierungen zu verlangen. Kein
Politiker verlangte seinen Rücktritt. Die Zwischenbilanz: Mindestens
10 nvCJD-Tote in Großbritannien. |
16. März 1996 |
Frankreich und Belgien verhängen ein sofortiges Importverbot fürs
Briten- Beef. Erst nach Zögern verfügt auch die Bundesregierung
ein vorläufiges Total-Importverbot für britische Rinder und
Rindfleisch. |
25. März 1996 |
Zum Schutz der Verbraucher verhängt die
Europäische Kommission
ein weltweites Exportverbot für britische Rinder,
Rinderprodukte und britisches Tiermehl. |
3. April 1996 |
Großbritannien wird von der EU verpflichtet, alle Rinder, die
älter als 30 Monate sind, zu töten und zu vernichten. Das sind
schätzungsweise 4 Millionen Tiere. |
1996 |
Die Tierärztin Dr.
Kari Köster-Lösche weist den österreichischen
EU-Agrarkommissar Franz Fischler schriftlich auf die Gefahr hin,
daß sich Kälber durch Milchaustauscher (Trockenmilch) mit dem
BSE- Erreger infizieren könnten. Denn in dem Pulver für die
Kälbermast sind auch ungenügend erhitzte Kadaverfette aus der
Tierkörperbeseitigung enthalten. Fischler reagiert auf diese Warnung
nicht
. Im Jahr 2001 werden
in Deutschland in Milchaustauschern Prionen entdeckt
.
|
April 1996 |
Bundeslandwirtschaftsminister Jochen Borchert (CDU, Amtszeit Januar
1993 Oktober 1998) sagt, er könne nun für die deutschen
Verbraucher BSE-Entwarnung geben:
Deutsches Rindfleisch ist sicher. Im Jahr
2000 wird sich diese Aussage des CDU- Ministers
als absolut falsch erweisen. Gerade um 1996 war zudem die Zeit der
höchsten
Infektionsgefahr für Menschen in Deutschland
. Deutschland war
entgegen aller Beteuerungen nicht BSE-frei.
|
5. Juni 1996 |
Die EU-Kommission lockert das Exportverbot für Großbritannien
für Rindersamen, Talg und Gelatine unter Auflagen. |
21. Juni 1996 |
Beim EU-Gipfel von Florenz verabschieden die Staats- und Regierungschefs
einen Plan für eine schrittweise Aufhebung des Exportverbots. |
17. Juli 1996 |
Das Europaparlament setzt einen Untersuchungsausschuß ein, um
Versäumnisse der EU-Kommission beim Kampf gegen BSE
herauszufinden. |
18. Juli 1996 |
Die EU schreibt vor, daß alle Tierabfälle für die
Verarbeitung beispielsweise zu Tiermehl 20 Minuten lang unter einem Druck
von 3 Bar und einer Temperatur von 133 Grad Celsius ausgesetzt werden
müssen, um die Prionen (BSE- Erreger) zu zerstören.
|
19. Juli 1996 |
Bei einem SEAC-Treffen wird klar, daß es in Großbritannien auch
zu einer vertikalen BSE- Übertragung von Muttertieren auf deren
Kälber gekommen ist. |
1. August 1996 |
Das britische Landwirtschaftsministerium
MAFF stellt fest, daß BSE auch
von Kühen auf deren Kälber übertragen werden
könnte. |
Dezember 1996 |
Die EU-Kommission schlägt aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse vor,
daß EU-weit
BSE-Risikomaterialien von Rindern, Schafen und Ziegen, die älter
als 1 Jahr sind, nicht mehr zu Lebensmitteln und Tierfutter verarbeitet
werden sollen. Damit kann sich aber die Kommission jahrelang nicht gegen
die Agrar- Lobby durchsetzen. Erst zum 1. Oktober 2000 werden diese
sinnvollen BSE- Vorsorgemaßnahmen eingeführt. Deutschland
gehörte mit seiner einflußreichen Agrar- Lobby zu den
Hauptbremsern.
|
Dezember 1996 |
Der Deutsche Bauernverband und
Landwirtschaftsminister Jochen Borchert (CDU, Amtszeit Januar 1993 Oktober
1998) begrüßen den EU-Beschluß, wonach die Verarbeitung von
Riskomaterialien vom Rind
wie Hirn, Rückenmark und Milz nicht verboten wird. Sie kommen weiterhin
in die Wurst. |
1996 |
Bis zum Jahr 2010 rechnet der Mikrobiologe Professor Richard Lacey
mit weltweit 500.000 CJD-Opfern als Folge des BSE-Skandals. |
Januar 1997 |
Britische Forscher erwarten eine CJD-Epidemie
(Nature, Band 385,
Seite 197). Dabei kann es in England zwischen 10.000 und 80.000 BSE-Opfer
geben. Zwischenbilanz in Großbritannien: Mindestens 14
nvCJD-Tote. |
18. Februar 1997 |
Im Abschlußbericht eines BSE-Untersuchungs- Ausschusses werden der
EU-Kommission, dem EU-Ministerrat und Großbritannien schwere Versäumnisse beim
Umgang mit der Rinderseuche vorgeworfen. Das Europaparlament droht der EU-Kommission mit
einem Mißtrauensvotum. Nach Verbesserungen beim Verbraucherschutz wird die Drohung
im November 1997 aufgehoben. |
1997 |
Deutsches Rindfleisch ist sicher, sagt
Peter Hamel, Geschäftsführer der Aktionsgemeinschaft
Deutsches Fleisch. Das stimmte nicht, wie sich im Jahr
2000 zeigen wird. |
Februar 1997 |
Der Chemiker Klaus Hofmann von der Bundesanstalt für
Fleischforschung (BAFF) in
Kulmbach stellt im Fernsehen fest, daß von 19 untersuchten deutschen
Tiermehl- Sorten fast ein Drittel nicht BSE- sicher sind. Sein (vorgesetzter)
Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, Franz-Josef
Feiter, verlangt von ihm wider besseres Wissen umgehende,
öffentliche Korrektur der Aussage.
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25. Februar 1997 |
Großbritannien beantragt die Aufhebung des Exportverbots für
Rinder aus BSE- freien Herden in Schottland und Nordirland. |
Frühjahr 1997 |
Der EU-Kommisssarin für Verbraucherschutz, Emma Bonino, werden
von der EU-Kommission angesichts der Versäumnisse beim BSE-Skandal nun
auch Kontrollaufgaben im Agrarbereich übertragen. Bislang hatten sich
die EU-Agrarier selbst kontrolliert, wobei der Schutz der Konsumenten auf
der Strecke geblieben war.
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März 1997 |
Die Bundesregierung erläßt die 2. BSE-Schutzverordnung, nach
der alle aus Großbritannien und der Schweiz nach Deutschland
importierten Rinder getötet werden müssen. Vor Gericht wird
diese Verordnung nicht Bestand haben. Das Bundesverwaltungsgericht wird
2001 die Tötungsverordnung
nachträglich für null und nichtig erklären.
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März 1997 |
Die Bundesländer stimmen der Tötung aller 5.200 aus
Großbritannien und der Schweiz importierten Rinder, die auf deutschen
Weiden stehen, zu. |
Mai 1997 |
Tony Blair (Labour) gewinnt die Unterhauswahlen und verspricht eine
schonungslose Untersuchung des britischen BSE-Skandals. |
3. Juli 1997 |
Die EU-Kommission deckt den illegalen Export von 1.600 Tonnen Rindfleisch
aus Großbritannien auf. |
Juli 1997 |
Wissenschaftler des Instituts für Tiermedizin in Newbury legen in
Nature erste Beweise für die Übertragbarkeit von BSE auf
den Menschen vor.
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August 1997 |
Ein Hamburger Kaufmann importiert illegal Tonnen von britischem
Rindfleisch. Als Fahnder ihm auf die Schliche kommen, ist das meiste
Fleisch bereits zu Wurst verarbeitet und bundesweit verkauft.
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25. September 1997 |
In Nature (Volume 389,
No. 6649, Seite 498501) publiziert
das britische Forscherteam um Dr. Moira Bruce vom Institute for
Animal Health in Edinburgh in der Arbeit Transmissions to mice
indicate that 'new variant' CJD is caused by the BSE agent den
ersten Indizien-Beweis dafür, daß die neue Variante der
Creutzfeldt-Jakob- Krankeit (nvCJD) beim
Menschen durch infektiöse BSE-Prionen verursacht wird. |
26. September 1997 |
Britische Forscher der
CJD-Überwachungsstelle in Edinburgh
haben das Auftreten der neuen Form der tödlichen
Creutzfeldt-Jakob- Krankheit (nvCJD)
bestätigt. nvCJD ist Human BSE! nvCJD (heute kurz vCJD
oder vCJK genannt) unterscheide sich deutlich von den älteren, bereits
länger bekannten CJD- Formen, schreiben die Wissenschaftler in
The Lancet vom 26.9.1997.
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September 1997 |
Mindestens 1679 Tonnen aus Großbritannien illegal importiertes
Rindfleisch wurde in Deutschland entdeckt. Ob das Fleisch BSE-infiziert
war, wurde nicht bekannt.
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27. Oktober 1997 |
Die EU-Kommissarin für Verbraucherschutz Emma Bonino sagt dem
Spiegel (Heft 44/1997, Seite 69): Die Agrarier stehen
zudem sehr stark unter dem Druck der Produzenten, und sie sind sehr
marktorientiert. EU- Agrarkommissar Franz Fischler war diesem Druck
nicht gewachsen. So blieben die Interessen der Konsumenten in der EU
bislang auf der Strecke.
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November 1997 |
In einer Kampagne der Centralen Marketinggesellschaft der deutschen
Agrarwirtschaft (CMA) wirbt nun sogar der
Alt- Bundespräsident Richard von Weizsäcker in Anzeigen:
Für mich ist Rindfleisch eine Bereicherung unserer
Küche. Wozu die CMA anmerkt: Keine Sorge, Herr
von Weizsäcker, Rindfleisch ist nach wie vor gesund und
lecker. Jedenfalls, wenn es das CMA- Prüfsiegel trage,
heißt es. |
19. November 1997 |
Die Europa-Abgeordnete und Verbraucherschutz- Expertin Dagmar
Roth-Behrendt (SPD) sagt im Berliner Tagesspiegel angesichts
der BSE-Krise: Die Kommission hat inzwischen einiges begriffen.
Ich habe aber nicht das Gefühl, daß die 15
Landwirtschaftsminister der Mitgliedstaaten irgendetwas begriffen
haben.
|
Dezember 1997 |
Der Nobelpreis
für Medizin 1997 geht an den Neurologen
Stanley B.
Prusiner. Der US- Wissenschaftler erhält die Auszeichnung
für seine bahnbrechende Entdeckung der
Prionen, einer bislang unbekannten Art von
Krankheitserregern. Prionen sind komplex strukturierte
Eiweißverbindungen, aber keine Viren, Bakterien oder Pilze. Prionen
werden u. a. für die Rinderseuche BSE und die
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJD) verantwortlich
gemacht. Kritiker bezeichnen die Prionen- Theorie als den
größten Wissenschaftsbluff des Jahrhunderts.
[Hintergrund]
[3D-Bilder
von Prionen] |
22. Dezember 1997 |
Die britische Regierung setzt eine unabhängige Kommission zur
Untersuchung der BSE- Krise ein. Diese wird am 26. Oktober
2000 ihren Abschlußbericht
vorlegen. |
1997 |
Aus einem CJD-Forschungsprogramm der Uni Zürich wird von 3 Forschern
per Spin-off die Prionics AG
gegründet. Diese vermarktet den BSE- Schnelltest, mit dem
zuverlässig BSE- Fälle aufgespürt werden können, noch
bevor sich bei den Tieren Krankheits- Symptome zeigen. Der Prionics- Test
liefert schon nach 1012 Stunden ein Ergebnis.
[Schweizer Test erobert Europa] |
1998 |
Der ehemalige Vorsitzende einer britischen BSE-Expertenkommission und
Mediziner David Tyrrell antwortet auf die Frage, ob er seine
Eßgewohnheiten seit dem Ausbruch der BSE-Seuche geändert habe:
Ich esse eher mehr Rindfleisch als vorher. Weil die guten
Stücke jetzt billiger sind. |
1998 |
Anläßlich der Tiermehl-Konferenz in Brüssel
stellt die EU- Kommission in ihrem Bericht fest, daß bislang keines
der Mitgliedsländer bis auf eins (Deutschland) die EU-
Verordnung zur Tiermehl- Herstellung (mindestens 133 Grad Celsius, 20
Minuten und 3 Bar) umgesetzt hat. Sanktionen erfolgen aber nicht. Und in
Deutschland unterbleiben konsequente Kontrollen der Sterilität des
produzierten Tier- und Knochenmehle, obwohl
dafür der preiswerte ELISA-Test zur Verfügung stand. |
März 1998 |
In Großbritannien beginnt unter dem Lordrichter Sir Nicholas
Phillips die unabhängige Kommission zur Aufklärung der
BSE-Krise mit der Untersuchung, die über 2 Jahre dauern wird.
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31. März 1998 |
Erneut kippt der EU-Agrarministerrat unter Beteiligung von
Bundeslandwirtschaftsminister Jochen Borchert (CDU, Amtszeit Januar
1993 Oktober 1998) die Einführung sinnvoller BSE-
Vorsorgemaßnahmen (Vernichten aller
Risikomaterialien). Vor
allem Deutschland sprach sich gegen diese Vorsorge aus.
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19. April 1998 |
Der bayerische Ministerpräsident, Edmund Stoiber (CSU),
brüstet sich in seiner Rede zum Tag der Landwirtschaft
damit, das von der EU-Kommission seit 1996
empfohlene Verbot von BSE-
Risikomaterial verhindert zu haben. Dennoch will er 2002 Bundeskanzler
werden. |
23. April 1998 |
Einführung von BSE-Schnelltests durch die EU. |
1. Juni 1998 |
Rindfleisch-Exporte aus bestimmten, garantiert BSE- freien Herden in
Nordirland sind wieder erlaubt. |
Juni 1998 |
Die EU erlaubt den Rinder-Export aus BSE- freien Herden in Schottland und
Nordirland. |
Juni 1998 |
Die EU-Kommission rügt schlampige Fleischkontrollen in Deutschland.
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Juni 1998 |
Das Verwaltungsgericht Osnabrück hebt die Tötungsverordnung
(2. BSE- SchutzVO) für Rinder aus Großbritannien und der
Schweiz auf. BSE sei keine Seuche im Sinne des Tierseuchengesetzes,
heißt es in der Begründung. BSE sei zudem nur eine
Sackgassenkrankheit, die beim durch Fütterung erkrankten
Tier ende. In Großbritannien waren bis Ende 1997 bereits 23 Menschen
an den BSE- Folgen gestorben. |
November 1998 |
Die EU erläßt ein Exportverbot für portugiesisches
Rindfleisch. Von 1990 bis Ende 1998 wurden in Portugal 197 BSE-Fälle
entdeckt. |
25. November 1998 |
Die EU-Kommission hebt das Exportverbot im Grundsatz auf. Für die
Wiederaufnahme der Exporte ist noch das Urteil von Experten erforderlich,
ob die Voraussetzungen erfüllt sind. |
Februar 1999 |
In der Schweiz werden die BSE-Tests zur Früherkennung des
Rinderwahnsinns ausgedehnt.
[mehr] |
2. März 1999 |
Nordrhein-Westfalens Umweltministerin Bärbel Höhn
(Grüne) startet einen BSE-Massentest in Schlachthöfen an Rhein
und Ruhr. Bis Juni 2000 werden 5.000 Schlachtrinder mit dem
Prionics- Schnelltest untersucht
. Der Massentest ergibt
keinen Hinweis auf BSE in
Deutschland. Vermutlich war die Zahl untersuchter Tiere zu gering. |
4. März 1999 |
Die bayerische Gesundheitsministerin Barbara Stamm (CSU)
kritisiert scharf das
BSE-Vorsorgeprogramm in Nordrhein- Westfalen als ungeeignet und
überflüssig. Mit der willkürlichen Untersuchung
gesunder Tiere werde das Vertrauen der Verbraucher in Rindfleisch eher
gemindert als gestärkt. Wenn in Deutschland das ja
bekanntlich BSE-frei ist, gesunde Schlachtrinder auf BSE untersucht werden,
ist der Ausgang der Untersuchung schon vor deren Beginn klar, sagte
Stamm. Bereits nach dem 1. originären
BSE-Fall Bayerns im Dezember 2000 war sie dann eher sprachlos
aber es kam noch schlimmer. |
Juni 1999 |
Nach den verrückten Kühen gibt es nun
Dioxin-Hühner aus
Belgien. Hühner und Schweine wurden mit Schmier(alt)ölen
gefüttert. Der Mensch wird zum
Endlager. |
9. Juni 1999 |
Frankreich fordert ein europaweites, totales Verbot von
Tiermehlen als Viehfutter.
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14. Juli 1999 |
Die EU-Kommission beschließt zum 1. August 1999 die Aufhebung des
weltweiten Exportverbots von 1996 für britisches Rindfleisch.
Vermutlich zu früh, wie sich noch zeigen wird.
[mehr] |
1. August 1999 |
Die Aufhebung des totalen Exportverbots für britisches Rindfleisch
tritt in Kraft. |
? August 1999 |
Die britische Wissenschaftlerin Dr. Anne Maddocks vermutet,
daß die BSE-Epidemie eine Folge geheimer Versuche sein könnte,
in Großbritannien Super- Kühe zu züchten. Danach sollen
Kühen in den 80er Jahren aus der Hirnanhangsdrüse von Kadavern
gewonnenes Wachstumshormon (Rinder- Somatotropin) injiziert worden sein
.
Somatotropin fördert die Proteinsynthese und wurde von Sportlern auch
als Dopingmittel (Anabolika) mißbraucht.
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August 1999 |
In den USA werden wegen der BSE-Gefahr keine Blutspenden mehr von Personen
angenommen, die sich von 19801997 sechs Monate in
Großbritannien aufgehalten haben.
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September 1999 |
Deutschland richtet auf Geheiß der EU-Kommission in München die zentrale
Rinder- Datenbank HIT ein. Zur Vorbeugung gegen BSE müssen die Daten (inkl.
Ohrmarken- Nummern) aller Rinder in Deutschland an die HIT gemeldet werden, um den
Lebensweg eines jeden Tieres von der Geburt bis zur Schlachtung verfolgen zu
können. |
29. Oktober 1999 |
Eine Expertenkommission der EU erklärt deutsche und französische
Bedenken gegen britisches Rindfleisch
für haltlos. Großbritannien erwartet die endgültige
Aufhebung der Einfuhrverbote. |
1999 |
Deutsches Rindfleisch ist sicher, sagt der
Berlin- Brandenburger Fleischerinnungsmeister Uwe Bünger. Es
war aber schlicht die Unwahrheit, wie sich im November 2000 herausstellte.
Deutschland war nicht BSE-frei. |