BSE & Co in den Medien – Teil 43 khd
Stand:  22.8.2009   (133. Ed.)  –  File: M/edien43.html




Hier werden einige ausgewählte und besonders interessante Artikel und andere Texte zur durch den Rinderwahnsinn BSE und der Anwendung der Gentechnik ausgelösten Problematik sowie zur gefährlichen H5N1-Vogelgrippe (Geflügelpest) und H1N1-Schweinegrippe gespiegelt und damit auf Dauer dokumentiert. Manches ist auch mit [Ed: ...] kommentiert. Tipp- und Übertragungsfehler gehen zu meinen Lasten.

Die anderen Vergiftungen von Nahrungsmitteln haben ab Ende 2004 eine eigene Webseiten- Serie in der Abteilung "Food" erhalten.

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  • Neuere Presseberichte  (44. Teil).
  • 13.05.2009: Falls der Grippe-Tsunami kommt. (Kekulé-Kommentar)
  • 06.05.2009: Jenseits von Masken und Medikamenten. (Kekulé-Kommentar)
  • 04.05.2009: Angriff aus dem Schattenreich. (Hinweis)
  • 29.04.2009: Aus einem kleinen Dorf in Mexiko. (Kekulé-Kommentar) [Influenza-Virus]
  • 25.04.2009: Neues von der Schweinegrippe.
  • 25.04.2009: Was macht die Schweinegrippe so gefährlich?
  • Ältere Presseberichte  (42. Teil).
    BSE-Page


    D I E   S C H W E I N E G R I P P E

    Was macht die Schweinegrippe so gefährlich?

    Aus:
    ARD-Tagesschau, 25. April 2009, 1.01 Uhr MESZ (Tagesschau) von WERNER ECKERT (SWR). [Original]

          Schweinegrippe-Virus H1N1
    ^   Schweinegrippe-Virus H1N1.   (ElMi-Foto: 4.2009 – nn)
    HAMBURG (swr). Auch Schweine können die Grippe kriegen – die echte,
    Influenza. Und die Art von Erregern, die sie befällt, die kann sehr leicht auf den Menschen übergehen. Anders als bei der Vogelgrippe.

    Normalerweise ist das nichts Besonderes und Schlimmes. Fast jedes zweite Schwein in bestimmten Gegenden Amerikas – wo die Krankheit wohl herkommt – hat Antikörper, und auch in Europa dürfte sie mittlerweile verbreitet sein. Die Krankheit ist allerdings hier nicht meldepflichtig.

    In Schweinen entsteht das gefährliche Virus

    Aber es gibt zwei Dinge, die Mediziner unruhig werden lassen: Zum einen ging mit der großen Grippe-Pandemie von 1918 auch ein Seuchenzug der Schweinegrippe einher. Und zum anderen gilt das Schwein als "mixing vessel" – als Überträger, in dem sich Grippeviren, die auf verschiedene Wirte spezialisiert sind, gleich gut vermehren und auch mischen können.

    Wissenschaftler gehen davon aus, dass das eben 1918, dann auch 1957 bei der Asiatischen Grippe und 1968 bei der Hongkong-Grippe so passiert ist. Dass damals Vogelgrippe-Erreger und an für sich [relativ] harmlose Menschen-Grippeviren in Schweinen zusammen kamen und dort der jeweils gefährliche neue Typ entstand.

    Neuer Typ H1N1

      Disease Outbreak News
    Info-Service der WHO.
     
    Der aktuelle Erreger in Mexiko ist nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation eine neu entstandene Variante des Typs H1N1, der sowohl bei Menschen als auch bei Schweinen und Vögeln vorkommen kann.

    Die Beobachtung, dass wohl auch stark Menschen zwischen 20 und 40 Jahren betroffen sind, erinnert ebenfalls an die Grippe- Pandemie von 1918. Denn normalerweise sind Kleinkinder und ältere Menschen die Haupt- Leidtragenden der Grippe. In diesem Fall aber provozierte der Erreger eine starke Überreaktion der Körperabwehr. Und die war gerade bei den fitten jüngeren Menschen besonders stark.

    Seuchen verlaufen immer glimpflicher

    Experten rechnen seit längerem mit einer Pandemie – einer weltumfassenden Grippewelle. Sie rechnen aber nicht mit den horrenden Todeszahlen früherer Zeiten. Mindestens 20 Millionen Tote hatte die Spanische Grippe zur Folge. Damals allerdings waren die Menschen durch Krieg und Hunger geschwächt. Seitdem scheinen alle weiteren Seuchenzüge immer glimpflicher zu verlaufen. Dank schnellerer Gegenmaßnahmen und besser Medikamente. [mehr]

    Mehr zu diesem Thema:
    [14.01.2009:
    Jagdsaison für Grippeviren]  (DER TAGESSPIEGEL)
    [25.04.2009: Neues von der Schweinegrippe]  (BSE-Page)
    [26.04.2009: Kommt die globale Grippe-Pandemie?]  (TELEPOLIS)



    D I E   M E X I K A N I S C H E   G R I P P E

    Neues von der Schweinegrippe

    Ein Info-Service der BSE-Page zur Entwicklung der Mexikanischen bzw. Amerikanischen Grippe.

       
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    gibt es auch in
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    Gesammelt für:
    BSE-Page, Berlin, ab 25. April 2009 (News).


    Mexiko unterschätzte Grippewelle

    MEXICO CITY – 25.4.2009 (khd/cnn). Die mexikanischen Gesundheitsbehörden haben im März, als sich bei Menschen Grippe-Fälle zu häufen begannen, den Ernst der Lage nicht erkannt. Sie vermuteten eine ‚normale‘ Influenza-Welle. Vermutlich hätte die mexikanische Regierung die Ausbreitung des neuen Schweinegrippe-Virus verhindern können, wenn rechtzeitig kompetente Experten und Labors hinzugezogen worden wären.

    In Mexiko war bereits Mitte März eine ungewöhnliche Häufung schwerer Influenza- Erkrankungen beobachtet worden. Die Gesundheitsbehörden schrieben sie zunächst aber der normalen, eigentlich längst ausklingenden Grippe-Saison zu. Erst als dann im April die Zahl der Erkrankungen und Todesfälle deutlich angestiegen ist, hat Mexiko die Brisanz der Epidemie erkannt. Fachleute aus Kanada und der WHO wurden um Hilfe gebeten.

    USA rufen Grippe-Gesundheitsnotstand aus

    WASHINGTON – 26.4.2009 (khd/ag). Nach 20 bestätigten Schweinegrippe-Fällen wurde in den USA der Gesundheitsnotstand ausgerufen. Damit können zusätzliche Bundesmittel für Vorsorgemaßnahmen bereitgestellt werden. So werden damit beispielsweise staatliche Lagerbestände an Antiviren- Medikamenten wie Tamiflu aufgefüllt. Bisher sind alle bestätigten Fälle in den USA glimpflich verlaufen, vermutlich weil rechtzeitig (innerhalb von 24–48 Stunden nach dem Auftreten der ersten Symptome) Tamiflu verabreicht wurde.

    Hilft die Grippe-Impfung?

    BERLIN – 27.4.2009 (khd/d-radio). Unklar ist derzeit, ob und wenn ja inwieweit die normale Grippe-Impfung gegen das Virus H1N1-Mexico schützt. Dazu sagt der RKI-Präsident Prof. Hacker: Es sei noch nicht klar, ob die herkömmliche Grippe-Impfung helfe. „Aber die gute Nachricht ist: Nach allen Informationen, die uns vorliegen, helfen Arzneimittel, mit der auch die normale saisonale Grippe behandelt wird.“

    Schweinegrippe in Europa angekommen

      Disease Outbreak News
    Info-Service der WHO.
     
    GENF – 27.4.2009 (khd/who). Inzwischen wurde auch bei Erkrankten in Spanien und Großbritannien der neue Grippe-Virus A/H1N1-Mexico nachgewiesen. Auch in Neuseeland sind Fälle bei aus Mexiko rückkehrenden Touristen aufgetreten. Die
    WHO hat heute Abend den Pandemie-Alarm auf die Warnstufe 4 (von 6) angehoben, damit sollen überall Krisenstäbe eingerichtet werden. Bleibt zu hoffen, daß überall genügend Tamiflu eingelagert worden ist. [WHO coverage of swine influenza]

    Rasche Grippe-Ausbreitung in Mexiko

    MEXICO CITY – 28.4.2009 (khd/d-radio). In Mexiko hat sich die Seuche vor allem im Ballungsgebiet der Hauptstadt Mexiko-Stadt weiter ausgebreitet. Es sind jetzt fast 2000 Menschen an Influenza (echte Grippe) erkrankt. Gestorben sind inzwischen über 150 Menschen, wobei bislang nur in 26 Fällen eine Infektion mit der neuen Virus-Form bestätigt wurde. Es wird wohl sinnvoll sein, die neue Influenza-Form „Mexikanische Grippe“ oder neutraler „Amerikanische Grippe“ zu nennen – nicht mehr Schweinegrippe, da das Virus auch Gen-Informationen der Vogelgrippe und der menschlichen Grippe enthält, sich also in der RNA-Struktur offensichtlich schon weit vom Schweine-Virus entfernt hat. Der von der EU-Kommission wg. der Befürchtung eines Einbruchs beim Schweinefleisch- Verkauf vorgeschlagene Name „Neue Grippe“ ist totaler Quatsch, weil er in der Zukunft verwirrend wirken würde.

    La Gloria – Vermutlich Ursprungsort des neuen Killer-Virus

    MEXICO – 28.4.2009 (khd/welt). Im mexikanischen Dorf La Gloria im Bundesstaat Veracruz, das rund 300 km vor Mexico-City auf 2500 m Höhe liegt, wird der Entstehungsort der neuen Art der Schweinegrippe vermutet, die für den Menschen gefährlich ist. Die Bewohner machen eine riesige Schweine-Fabrik der Betreiberfirma Granjas Carroll de Mexico für den Ausbruch der Seuche verantwortlich. Das Unternehmen gehört zur Hälfte dem US-Konzern Smithfield Foods und damit einem der weltweit größten Schweinefleisch- Produzenten.

    Die 3000 Einwohner von La Gloria beschweren sich schon seit Jahren über den schrecklichen Gestank, der von dem rund 8,5 Kilometer entfernten Schweine- Betrieb ausgeht. Er soll auch für eine Verunreinigung des Trinkwassers verantwortlich sein. In dem Zuchtbetrieb werden in 18 Riesenställen insgesamt 15.000 Schweine gehalten. Angeblich sollen alle Schweine gegen Schweinegrippe geimpft worden sein, was aber die Mutation des Schweinegrippe-Virus H1N1 zum H1N1-Mexico durchaus begünstigt haben könnte. In La Gloria gab es mit dieser Massentierhaltung einen idealen ‚Nährboden‘ für die Entwicklung eines Pandemie-fähigen Killer-Virus’.

    In dem Ort soll es bereits im Dezember 2008 viele grippeähnliche Erkrankungen gegeben haben. Ende März war dann die Hälfte der 3000 Einwohner an einer merkwürdigen Grippe mit Durchfall erkrankt. Als es Todesfälle gab, gingen die armen Einwohner Anfang April auf die Straße und protestierten gegen die unzulänglichen Maßnahmen der Regierung. Bei Erkrankten aus La Gloria wurde daraufhin erstmalig eine H1N1-Mexico-Infektion zweifelsfrei festgestellt.

    Dennoch wiegeln die mexikanischen Behörden sowie der Betreiber der Schweinemast- Fabrik nach wie vor jeden Zusammenhang ab – vermutlich aus wirtschaftlichen Gründen. Es handele sich um ein „unglückliches Zusammentreffen“, erklärt der Betriebsmanager Victor Ochoa der Presse. Aber wer glaubt das schon? Nur unabhängige WHO-Wissenschaftler können (schleunigst) klären, was da in dem ‚melting pot‘ La Gloria tatsächlich abgelaufen ist. [mehr] [Brief des Smithfield-Chefs an seine Mitarbeiter]

    Chaos in Mexiko

    MEXICO CITY – 29.4.2009 (khd/cnn/d-radio). Die mexikanische Regierung hat die Seuche offensichtlich noch immer nicht im Griff. Sie hat inzwischen die Zahl von 26 nachgewiesenen Todesfällen durch das H1N1-Mexico Virus zurückgezogen. Man spricht nun nur noch von 7 nachgewiesenen Fällen. Noch 776 Patienten würden stationär behandelt und überprüft, heißt es nun. Die Börsen goutierten diese Reduzierung! Mit welchem Virus die rund 150 anderen Toten sich aber infizierten, wurde nicht mitgeteilt. Auch wurde bislang nicht bekannt, ob in Mexiko alle an Grippe- Symptomen Erkrankten rechtzeitig Tamiflu verabreicht wurde, oder ob das wg. der Kosten unterblieb. In der 26-Millionenstadt Mexiko-City steht inzwischen das Leben still – Betriebe schlossen und alle Veranstaltungen wurden abgesagt.

    WHO ruft bereits Pandemie-Warnstufe 5 aus

    GENF – 29.4.2009 – 21.30 GMT (khd/who/apa/d-radio). Heute am späten Abend hat die Weltgesundheitsorganisation WHO in Genf die Pandemie-Warnstufe 5 ausgerufen, da bereits in einer Region 2 Ländern (Mexiko und Texas/USA) von der neuartigen Influenza-Epidemie betroffen sind und eine Pandemie (weltweiter Ausbruch) nicht nur unmittelbar bevorsteht, sondern kaum noch vermeidbar ist. Die weltweite Ausbreitung des mutierten Schweinegrippe- Virus H1N1-Mexico könnte unmittelbar bevorstehen, sagte die WHO-Generaldirektorin Margaret Chan in Genf auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz. Die höchste Warnstufe 6 bedeutet, daß eine Pandemie mit einer weltweiten Übertragungsgefahr herrscht.

    Alle Länder müssen jetzt ihre Pandemie-Pläne aktivieren und befolgen. Die Pharma-Industrie muß ab sofort die Produktion antiviraler Grippemittel wie Relenza (Glaxo-SmithKline) und Tamiflu (Roche) verstärken. Auch können nun endlich Reisewarnungen ausgesprochen werden, denn Flugtouristen haben in den letzten Tagen die gefährliche Seuche in bereits 8 Länder weltweit transportiert – darunter auch nach Deutschland (Hamburg und Bayern). In Luxemburg treffen sich am Donnerstag (30.4.2009) auf einem eilig einberufenen Gipfel alle 27 EU-Gesundheitsminister, um die Grippe-Abwehrmaßnahmen in der EU zu koordinieren.

    Schweinegrippe heißt nun offiziell „Influenza A (H1N1)“

    GENF – 30.4.2009 (khd/sda). Die neue Form der Schweinegrippe sorgt für sprachlichen Wirrwarr: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nennt die Grippe neu nach ihrem Erreger „Influenza A (H1N1)“. Die WHO gab bekannt, die bisher als „Schweinegrippe“ bekanntgewordene Krankheit heiße „Influenza A (H1N1)“. Das sei der Name des Erregers, der sowohl Elemente enthalte, die bei Schweinen, Vögeln und Menschen auftreten. Es war vor allem die fleischverarbeitende Industrie, die sich für eine schnelle Namensänderung stark gemacht hat. Die Krankheit habe nichts mit einer Lebensmittelinfektion zu tun, hieß es. Dennoch ist es sinnvoll, Schweinfleischprodukte jetzt nur gut gegart zu verzehren. Rohes Schweine-Mett unklaren Ursprungs sollte jetzt tabu sein.

    Die WHO-Namenswahl ist aber auch nicht eindeutig, denn es gibt schon immer Viren vom Typ A und auch vom Subtyp H1N1 (z. B. den Erreger der „Spanischen Grippe“ von 1918). Deshalb wird sich wohl in der Umgangssprache die Bezeichnung „Mexikanische Grippe“ oder auch „Amerikanische Grippe“ durchsetzen und im wissenschaftlichen Bereich die genauere Bezeichnung „Influenza A/H1N1-Mexico“.

    Übertragung Mensch zu Mensch nachgewiesen

    BERLIN – 1.5.2009 (khd/d-radio). Am Robert-Koch-Institut (RKI) wurde nachgewiesen, daß es bei einer in Bayern an Grippe Erkrankten zu einer Übertragung des H1N1-Mexico von Mensch (Mexiko- Tourist) zu Mensch (war nicht in Mexiko) gekommen sein muß. Das Virus H1N1-Mexico ist also ganz offensichtlich bereits gut an den menschlichen Wirt angepaßt. Und wenn das so ist, spricht alles dafür, daß es in Mexiko schon einen längeren Vorlauf gegeben haben muß. Dazu paßt, daß mexikanische Zeitungen schon im Dezember 2008 über mysteriöse Fälle von Grippe mit gleichzeitigem Durchfall berichteten. Bleibt zu hoffen, daß es aus dieser Zeit noch Proben gibt und so die genaue Struktur des damaligen Erregers ermittelt werden kann.

    H1N1-Mexico fehlen todbringende Genabschnitte

    ATLANTA – 2.5.2009 (khd/dw/d-radio). Die Mexikanische Grippe (Schweinegrippe) hat sich dank Flugverkehr global weiter ausgebreitet. Bislang sind um 500 Menschen in 15 Ländern auf bereits 4 Kontinenten (Afrika fehlt noch) mit dem neuen Influenza-Virus H1N1-Mexico infiziert worden. Der Krankheitsverlauf war fast überall milder als befürchtet, was aber an einer rechtzeitigen Einnahme von Tamiflu liegen mag. Denn dieses Medikament verhindert die Vermehrung der Viren im Körper. Dennoch sind US-Experten der CDC in Atlanta der Meinung, daß das Virus nicht so virulent sei, wie das todbringenden H1N1-Virus, welches 1918 die Spanische Grippe mit Zigmillionen Toten auslöste.

    Das neue Virus sei eine „sehr ungewöhnliche Kombination“ aus menschlichen Genen und Schweinegenen, die in Nordamerika, Asien und Europa gefunden worden seien, sagte Nancy Cox vom US-Zentrum für Seuchenkontrolle (CDC). Dem Erreger fehlen genau die Genabschnitte, die den Auslöser der Spanischen Grippe so tödlich gemacht hatten. Bislang verhalte sich das Virus vom Typ H1N1 eher wie eine gewöhnliche jahreszeitlich bedingte Influenza. Für eine genaue Einschätzung der potentiellen Auswirkungen des neuartigen Virus’ sei es aber noch viel zu früh.

    Auf schnelle Behandlung kommt es an

    MEXICO CITY – 2.5.2009 (khd/dw). In Mexiko wiesen die Gesundheitsbehörden auf die enorme Wichtigkeit einer schnellen Behandlung (mit Tamiflu) hin. In den Fällen, in denen die Infektion tödlich verlief, hätten die Betroffenen mit dem Gang zum Arzt durchschnittlich 7 Tage gewartet, sagte der stellvertretende Direktor des zuständigen Krisenzentrums, Hugo Lopez-Gatell Ramirez. Diejenigen, die nach ihrer Infektion genesen seien, hätten bereits bis zum 3. Tag einen Arzt aufgesucht.

    Übertragung Mensch auf Schwein nachgewiesen

    OTTAWA – 3.5.2009 (khd/sda/swr). In Kanada hat ein Farmer seine Schweineherde mit dem Schweinegrippe-Virus H1N1-Mexico angesteckt. Die kanadischen Gesundheitsbehörden teilten gestern in Ottawa mit, der Mann aus der Provinz Alberta habe das Virus aus Mexiko eingeschleppt und auf seine Schweine übertragen. Der Bauer sei inzwischen genesen und die Schweine unter Quarantäne gestellt worden, erklärten die Behörden. Es bestehe keine Gefahr für die Lebensmittelsicherheit, wenn Hygieneregeln bei der Zubereitung von Schweinefleischgerichten beachtet würden.

    Diese Infektion von Schweinen zeigt nun, daß das neue Virus auch schweinenah ist, sonst wären die Tiere kaum infiziert worden. Insofern war die ursprüngliche Namensgebung „Schweinegrippe“ (‚swine flu‘) berechtigt. Auch wird dadurch plausibler, daß das Virus H1N1-Mexico in Schweinen (wo sonst?) durch Rekombination verschiedener Viren-Typen entstanden sein muß. So sollen bereits in den letzten Monaten im Süden Kaliforniens (bei San Diego) mehrere atypische Schweinegrippe-Viren festgestellt worden sein. Ob diese auch aus Mexiko stammen, ist derzeit noch nicht geklärt.

    Meldepflicht in Deutschland angeordnet

    BERLIN – 4.5.2009 (khd/d-radio). In Deutschland ist seit gestern die neue Influenza A/H1N1-Mexico (Schweinegrippe) meldepflichtig geworden, d. h. ab sofort müssen alle Ärzte Infektionen und Verdachtsfälle unverzüglich den Gesundheitsbehörden mitteilen. Eine Eil-Verordnung macht das möglich. Die deutsche Ärzteschaft fühlt sich düpiert und ist verärgert. Andererseits können Bürger nur noch staunen, daß es überhaupt erst einer neuen Rechtsverordnung bedurfte. Offensichtlich war bislang die ‚normale‘ Influenza (Virus-Grippe) nicht meldepflichtig, obwohl daran hierzulande in jedem Jahr Tausende sterben.

    Am 18. April stand der Ausbruch der neuen Schweinegrippe fest

          Gen-Pool des neuen H1N1-Virus
    ^   Daß 5 der 8 RNA-Segmente (Stränge) vom Schwein stammen, spricht für eine im Schwein erfolgte Rekombination.   (Grafik: 4.5.2009 – khd)
    HAMBURG – 4.5.2009 (khd/sp). Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel zeigt wieder einmal, was es leisten kann. War man in den letzten Tagen beim Lesen von Berichten über die Schweinegrippe in (Qualitäts-)Zeitungen und Agentur- Meldungen (Internet) allzuoft enttäuscht, weil dort sich aufdrängende Fragen nicht behandelt wurden, kann man der Fleißarbeit „
    Angriff aus dem Schattenreich“ kompetenter Journalisten nun reichlich ergänzende Hintergrund- Informationen entnehmen.

    Mitte April zählten Epidemiologen aus Kalifornien und Mexiko eins (atypische Influenza-Fälle in Süd-Kalifornien) und eins (nationaler Gesundheitsalarm in Mexiko vom 16. April wg. atypischer Lungenentzündungen bei relativ jungen Menschen) zusammen. Als am Samstag nach Ostern (18.4.2009) dann die Laborbefunde über die Viren vorlagen, war klar, daß es sich um einen neuartigen Seuchen-Erreger handelt: Ein mutierter A/H1N1-Virus. Zu verdanken ist das vor allem der Chef-Epidemiologin Michele Ginsberg aus San Diego, die bereits Mitte April vermutet hatte: „Das ist die große Seuche.“

    Ein neues Virus ist deshalb für Menschen gefährlich, weil das menschliche Immunsystem dagegen noch keine Antikörper besitzt – keine bilden konnte. Virologen begannen sofort damit, dem neuen Virus seine Geheimnisse zu entreißen, seine Genstruktur zu bestimmen. Am Freitag, den 24. April, begann dann die WHO in Genf mit ihrem Monitoring der sich ausbreitenden Seuche und ersten Pandemie-Warnungen. Die BSE-Page hatte bereits durch einen CNN-Bericht am 22. April 2009 davon ‚Wind gekriegt‘ und sofort im Internet berichtet.

    Inzwischen konnten Virologen erste Erkenntnisse über die Grundstruktur des Gen-Pools, über den das neue Virus verfügt, abklären (siehe Grafik). Danach stammen 7 der 8 RNA-Strains (Stränge) von Tier-Viren, nur 1 Strang stammt vom menschlichen Influenza-Virus. Damit ist zumindest klar, daß sich Menschen untereinander mit dem neuen Virus anstecken können, wie es in vielen Fällen auch geschah. Die komplette Sequenzierung (Entschlüsselung) des H1N1-Erbguts wird für die nächsten Tage erwartet.

    Außerdem wird mit diesem Gen-Ergebnis die Hypothese der Virus-Entstehung in der mexikanischen Schweine-Massentierhaltung immer wahrscheinlicher (5 Schweine-Strains!). Der Spiegel berichtet zudem, daß die halbamerikanische Firma Granjas Carroll de Mexico in der Gegend der Stadt Perote 200 Mastanlagen mit 500.000 Schweinen und 60.000 Zuchtsäue unterhält. Das sei durchaus „jener Hexenkessel“, aus dem „das neue Virus ausgebrochen“ sein könnte, heißt es. Denn das neue Virus muß im Schwein ‚gemixt‘ worden sein.

    Aber vermutlich haben bestimmte Kreise kein Interesse daran, daß die konkrete Ursache jemals aufgeklärt wird – müßte doch die lukrative Massentierhaltung und Züchtung von Norm-Schweinen, die nach dem Freihandelsabkommen mit der USA in den 1990er-Jahren in Mexiko begann, in Frage gestellt werden. Für das arme Mexiko stellt die Schweinemast für die USA einen erheblichen Wirtschaftsfaktor dar. Aber wenn sich herausstellt, daß es die Gier von Smithfield Foods nach billigem Schweinefleisch war, die der Menschheit ein neues gefährliches Virus bescherte, dann dürfte es zu Kaufboykotts kommen – auch in Deutschland (u. a. bei Produkten der Marken Animex, Aoste, Smithfield Foods GmbH, Weight Watchers, Yano).

    WHO warnt vor 2. Grippe-Welle

    GENF/STOCKHOLM – 5.5.2009 (khd/ag). In Mexiko flaut die Schweinegrippe ab. Die H1N1-Influenza hatte dort zwischen dem 23. und 28. April ihren Höhepunkt erreicht. Ein Grund für eine Pandemie-Entwarnung sei dies aber noch nicht. Die WHO-Chefin Chan hat gestern vor einer zweiten, heftigeren Welle der Schweinegrippe gewarnt. Der derzeitige scheinbare Rückgang der Sterblichkeitsrate bedeute nicht, daß diese angesichts möglicher Virus-Mutationen wieder steigen könne. „Wir hoffen zwar, daß das Virus sich totläuft“, sagte Chan. Doch könne eine 2. Schweinegrippe-Welle jederzeit „mit aller Macht“ zuschlagen – auch im Sommer.

    Weltweit ist die Zahl der Schweinegrippe-Patienten inzwischen auf mehr als 1000 gestiegen. Wie das EU-Zentrum für Seuchenbekämpfung (ECDC) in Stockholm mitteilte, sind bisher 929 Fälle außerhalb und 79 innerhalb Europas bestätigt. Aus den betroffenen 10 europäischen Ländern (Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Niederlande, Österreich, Schweiz, Spanien) werden – dank des Einsatzes von Tamiflu – weiter durchweg milde Verläufe gemeldet. In Deutschland blieb es bislang bei 8 H1N1-Erkrankten und noch 10 Verdachtsfällen.

    Grippe-Epidemie in Europa unter Kontrolle

    GENF/TORONTO – 7.5.2009 (khd/d-radio). In Nordamerika hat die Zahl der bestätigten Infektionen deutlich zugenommen. So sind bislang in Mexiko 942 Fälle mit 29 Toten, in den USA 642 Fälle mit 2 Toten und in Kanada 165 Fälle registriert worden (zusammen 1749 Fälle). Insgesamt wurden bis gestern Abend 1893 Erkrankungen aus 23 Ländern gemeldet. In Europa ist die Grippe-Epidemie mit nur 128 Fällen bislang unter Kontrolle, wobei in Spanien allein 73 Fälle und in Großbritannien 28 Fälle aufgetreten sind.

    Unterdessen ist die Gen-Codierung des neuen Grippe-Virus A/H1N1-Mexico von kanadischen Wissenschaftlern in Winnipeg vollkommen entschlüsselt worden. Diese Informationen könnten bei der Entwicklung eines paßgenauen Impfstoffes helfen, der eine 2. Grippe-Welle verhindern könnte. [Kekulé-Kommentar]

    Grippe-Fälle nehmen stark zu

       
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    BERLIN/GENF – 11.5.2009 (khd/who). In den beiden letzten Tage ist die Gesamtzahl der neuen Grippe-Fälle stark angestiegen. Wir nähern uns bereits der 5000-Marke. Vor allem in Mexiko und in den USA hat sich die Zahl Grippekranker nahezu verdoppelt. Aus 29 Ländern wurden bislang Infektionen gemeldet. Und eigentlich sind damit die Bedingungen für die Ausrufung der Pandemie- Warnstufe 6 längst erfüllt. Angesichts des bislang eher milden Verlaufs dieser Grippe- Infektionen scheut sich offensichtlich die WHO, die höchste Warnstufe tatsächlich auszurufen, zumal es bereits Lieferengpässe beim Tamiflu gibt und dann auch sofort mit einer Impfstoff-Produktion allerorten begonnen werden müßte. [
    Kekulé-Kommentar]

    Nordamerika hat die meisten Grippe-Fälle

    GENF – 15.5.2009 (khd/who). Die Gesamtzahl der Fälle von Mexikanischer Grippe liegt jetzt bei 7520, wovon auf die USA 4298, auf Mexiko 2446 und auf Kanada 449 entfallen. Das sind zusammen rund 96 % aller Fälle. Es ist also Nordamerika, das derzeit primär von der neuen Seuche betroffen ist, nur 5 % aller Fälle sind in weiteren 30 Ländern aufgetreten. Insgesamt sind bislang 65 Tote zu beklagen (60 davon in Mexiko), was rund 1 % aller bekannten Fälle entspricht. Unterdessen werden von der WHO aus Ägypten 4 tödliche Fälle von Vogelgrippe (H5N1-Virus) bei Menschen gemeldet.

    Neuer Impfstoff ist in Sicht

    MÜNCHEN – 16.5.2009 (khd/d-radio). Bis Ende des Jahres könnte es bereits einen Impfstoff gegen die Mexikanische Grippe (Schweinegrippe) geben. Thomas Löscher von der Infektions- und Tropenmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität in München hofft, daß das Serum im Dezember vorliegt, wenn die Saison der gewöhnlichen Grippe beginnt. Eine Bedingung sei aber, daß es keine unvorhergesehenen Probleme – auch bei den klinischen Tests – gebe.

    Zur bereits aufgekommenen Kritik an der anfänglich dramatischeren Einschätzung aus Mexiko zur neuen Schweinegrippe sagte Löscher: Eine anfängliche Überschätzung sei immer besser als die Verheimlichung und Verharmlosung, wie es sie bei Sars, der Vogelgrippe und auch beim BSE in England gegeben habe. Und das neue A/H1N1-Virus sei ein pandemie-fähiges Virus, wie die aktuellen Ausbreitungsdaten belegen.

    Bereits über 10.000 Grippe-Fälle weltweit

    BERLIN – 20.5.2009 (khd/who). Es sind nun bereits weltweit über 10.000 Fälle der Mexikanischen Grippe (Schweinegrippe) aufgetreten. Die Zahl der Toten ist auf 82 angestiegen. Die WHO meldet außerdem, daß es bei der Produktion eines Impfstoffes gegen die neue Grippe zu Schwierigkeiten gekommen sei. Welcher Art diese sind, wurde nicht mitgeteilt. Man rechnet nun damit, daß im Juli die Impfstoff-Produktion aufgenommen werden kann. Für Länder auf der Südhalbkugel, die auf den Winter zugehen, kommt der Impfstoff in jedem Fall zu spät. Bislang sind aber in diesen Ländern nur sehr wenige Fälle (rund 60) der neuen Grippe aufgetreten.
    Zunahme der Schweinegrippe-Fälle weltweit
    ^   Pandemie der Mexikanische Grippe. Diese neue Influenza, die zunächst „Schweinegrippe“ genannt wurde, brach etwa Mitte März 2009 in Mexiko aus und erreichte dort zwischen dem 23. und 28. April 2009 einen Höhepunkt. Vor allem über Flugtouristen breitete sich diese Virus-Grippe über die Welt aus. Erreger ist das mutierte Virus A/H1N1-Mexico, das vermuitlich in der Massentierhaltung von Schweinen entstand.   (Grafik: siehe Inset – khd)


    Nun 20.000 Grippe-Fälle weltweit

    BERLIN – 4.6.2009 (khd/who). In nur 2 Wochen hat sich die Zahl der weltweiten Mexiko-Grippe-Fälle auf rund 20.000 verdoppelt. Es sind jetzt 68 Länder auf allen 5 Kontinenten betroffen. Die Zahl der Grippe-Toten durch das A/H1N1-Virus (Schweinegrippe) ist auf 117 gestiegen, wobei vor allem Mexiko (97) und die USA (17) betroffen sind.

    Die Zahl von Grippe-Fällen auf der Südhalbkugel hat zugenommen, zwar noch nicht dramatisch, aber mit derzeit insgesamt 1077 Fällen deutlich. Vor 2 Wochen waren es noch nur 60 Fälle. Mit 501 Fällen gibt es in Australien derzeit die meisten Grippe-Erkrankungen. Auf der Südhalbkugel beginnt der Winter und damit die Grippezeit, so daß hier in den kommenden Wochen ein starkes Ansteigen erwartet wird.

    Als erstes afrikanisches Land wurde jetzt aus Ägypten 1 Fall gemeldet. Da dort derzeit auch die viel gefährlichere Vogelgrippe ausgebrochen ist (erst gestern wurde von der WHO ein weiterer Fall gemeldet), besteht die Möglichkeit, daß sich am Nil das Schweinegrippe-Virus A/H1N1 mit dem Virus der Vogelgrippe H5N1 mischen (rekombinieren) könnte. Die Sorge ist, daß dadurch ein viel tödlichereres Virus entstehen könnte. Es ist nach wie vor erstaunlich, daß es bislang in Afrika nur 1 A/H1N1-Fall geben soll, wo das Virus doch bereits in 67 Ländern der Welt nachgewiesen worden ist. Es wird vermutet, daß die WHO Daten aus Afrika entweder zurückhält (aber warum?) oder solche Fälle nicht sorgfältig erfaßt worden sind.

    Pandemie-Alarmstufe 6 ausgerufen

    GENF – 11.6.2009 (khd/d-radio). Die WHO hat heute Nachmittag angesichts steigender Influenza-Infektionen die Pandemie für die Mexikanisches Grippe (Schweinegrippe) festgestellt. Besonders in (Süd-)Australien (1224) und in Chile (1694) waren in den letzten Tagen die Zahl der A/H1N1-Infektionen besonders stark angestiegen. In Australien vervierfachte sich die Zahl in nur 4 Tagen. In der Grafik schlägt sich das in einem steileren Anstieg der Kurve „Südhalbkugel“ nieder.

    Bei der Stufe 6 muß nun mit der Produktion von Impfstoff begonnen werden. Bleibt zu hoffen, daß der bisherige zeitliche Vorlauf von gut 6 Wochen ausgereicht hat, um diese Herstellung vorzubereiten. In Deutschland gibt es bislang 95 bestätigte Fälle. In Düsseldorf, Köln, München und Würzburg haben sich kleine Cluster gebildet.

    Zunahme der Schweinegrippe-Fälle weltweit
    ^   Pandemie der Mexikanische Grippe. Diese neue Influenza, die zunächst „Schweinegrippe“ genannt wurde, brach etwa Mitte März 2009 in Mexiko aus und erreichte dort zwischen dem 23. und 28. April 2009 einen ersten Höhepunkt. Vor allem über Flugtouristen breitete sich diese Virus-Grippe über die Welt aus. Erreger ist das mutierte Virus A/H1N1-Mexico, das vermutlich in der Massentierhaltung von Schweinen entstand, und gegen das kein Mensch auf der Erde immun ist. [Aktuellere Grafik]   (Grafik: siehe Inset – khd)


    [
    FORTSETZUNG / AKTUELLERES ]



    D I E   M E X I K A N I S C H E   G R I P P E

    Aus einem kleinen Dorf in Mexiko

    Die Schweinegrippe ist längst ein Menschenvirus. In Deutschland wurden die Krisenstäbe einberufen, Staat und Bürger rechnen mit dem Schlimmsten – stehen wir also am Rand einer globalen Katastrophe?

    Aus:
    Der Tagesspiegel, Berlin, 29. April 2009, Seite 6 (Meinung) von ALEXANDER S. KEKULÉ. Der Autor ist Institutsdirektor und Professor für Medizinische Miksrobiologie in Halle. [Original]

    E igentlich hat sich der vernunftbegabte Medienbürger ja angewöhnt, bei Meldungen über angebliche Todesseuchen erst einmal Ruhe zu bewahren – immerhin ist keines der Horrorszenarien der letzten Jahre Wirklichkeit geworden. Die vorhergesagten 140.000 Opfer der Rinderseuche BSE blieben aus, genauso wie die Biowaffenangriffe des Saddam Hussein. Auch die deutschen Milzbrandanschläge von 2001 waren nur Spuk. Die Lungenkrankheit Sars tötete 2003 knapp 1000 Menschen und versetzte monatelang die Welt in Panik vor einer Pandemie, dann verschwand der Erreger plötzlich und tauchte nie wieder auf. Das Vogelgrippevirus H5N1-Asia grassiert seit einem Jahrzehnt bei Wildvögeln und tötet ausnahmsweise auch Menschen – die befürchtete Influenza-Pandemie mit 100 Millionen Toten ist jedoch bislang ausgeblieben.

    Durch all die Katastrophenmeldungen hat die Bevölkerung eigentlich einen gesunden Immunschutz gegen Seuchenalarmismus aufgebaut. Doch diesmal, so sagen die Behörden, soll es wirklich ernst sein. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rief am Montag [27.4.2009] erstmals Stufe 4 der sechsstufigen Pandemiewarnung aus. WHO-Generaldirektorin Margaret Chan erklärte, der Schweinegrippe-Ausbruch habe "das Potenzial für eine Pandemie". In Deutschland wurden die Krisenstäbe einberufen, Staat und Bürger rechnen mit dem Schlimmsten – stehen wir also am Rand einer globalen Katastrophe?

    Nach gegenwärtigem Kenntnisstand sieht es, trotz allem, noch nicht danach aus. Das neu entstandene Influenza-Virus vom Typ H1N1 breitet sich außerhalb Mexikos, insbesondere in den USA, bislang langsamer aus und verursacht leichtere Erkrankungen als befürchtet. Trotz maximaler Wachsamkeit der Behörden wurden in den USA bisher nur rund 60, durchwegs harmlose Erkrankungen bestätigt (davon alleine rund 40 an einer Schule in New York), die alle auf Reisen nach Mexiko zurückgeführt werden konnten. Auch in anderen Ländern gab es nur leichte Fälle. Auf Basis der Angaben der mexikanischen Gesundheitsbehörden – rund 2000 Erkrankungen mit 150 Toten in 3 Wochen – hätten wesentlich mehr und vor allem schwerere Erkrankungen auftreten müssen.

        Influenza-Virus
    Das Virus ist ein winziges Klümpchen aus Eiweiß- Verbindungen mit einem Durchmesser von rund 0,1 µm. In einer Hülle aus Proteinen stecken im Innern nur Bauplan- Informationen (Gene auf 8 RNA-Strängen). An der Oberfläche der Hülle tragen diese RNA-Viren die Enzyme Hämagglutinin (H) und Neuraminidase (N), wonach auch die unterschiedlichen Viren-Stämme benannt werden. Das Oberflächen-Protein H hat eine über die Oberfläche hinausragende pilzartige Gestalt, was das leichte Andocken an Wirtszellen erlaubt.

    Mit dem H-Enzym bindet sich das Virus an die Körperzellen seiner Wirte (meistens Zellen in der Lunge), dringt dann durch die Zellmembran ins Innere ein und läßt aufgrund der von ihm gelieferten Bauplan-Infos (RNA) von der Maschinerie der Wirtszelle (Ribosomen und Mitochondrien) immer neue Viren-Kopien herstellen (etwa 100.000 Stück). Dabei kann es zu Kopier- Fehlern kommen (Punkt-Mutationen). Ohne eine Wirtszelle können sich Viren nicht vermehren. Am Ende werden die Massen neuer Viren aus der Zelle ausgeschleust, wobei diese zerstört wird und das N-Enzym eine Rolle spielt. (bse-p)

    [Viren]  (Wikipedia)
    [Influenza-Virus]  (Wikipedia)

    Für die Behörden hierzulande bedeutet dies keineswegs Entwarnung: Gerade wenn sich das Virus noch nicht sehr effektiv verbreitet, sind die Chancen für eine frühe Eindämmung am größten. Dass es am Flughafen Frankfurt noch immer keine Kontrolle von Einreisenden aus Mexiko gibt, ist deshalb nicht verständlich [Ed: in Hessen regiert halt Schwarz-Gelb neo-liberal – mit wenig sozialer Verantwortung...].

    Warum das Schweinegrippe-Virus – das eigentlich längst ein Menschenvirus ist – bislang außerhalb Mexikos vergleichsweise harmlos auftritt, weiß gegenwärtig niemand. Möglicherweise verleihen die Grippeimpfungen der letzten Jahre, die gegen eine andere Sorte des Influenza-Typs H1N1 schützen, eine teilweise Immunität. Es ist auch denkbar, dass durchgemachte Infektionen mit dem weltweit verbreiteten menschlichen Virus vom Typ H1N1 vor dem Schweinegrippe-Virus schützen.

    Einer anderen Theorie zufolge könnte sich das neue Influenza-Virus seit den ersten, schweren Fällen in Mexiko genetisch verändert haben und dabei weniger gefährlich geworden sein. Möglicherweise wird es auch nicht so leicht durch die Luft übertragen wie gewöhnliche Influenza-Viren. Wenn diese Theorie stimmt, müsste das Virus nicht erst seit 3 Wochen, sondern schon seit Monaten in Mexiko vorhanden gewesen sein.

    Die Antwort auf das Rätsel des ungewöhnlichen Erregers liegt möglicherweise in einem kleinen mexikanischen Ort, 150 Kilometer östlich der Hauptstadt. Wie die mexikanische Regierung erst jetzt zugab, traten unter den bettelarmen Bewohnern der Siedlung La Gloria bereits seit Anfang März mysteriöse Fälle von Grippe mit gleichzeitigem Durchfall auf. Älteren Zeitungsberichten zufolge grassierte die Krankheit dort sogar schon seit Dezember 2008.

    Als am 5. April schließlich über die Hälfte der 3000 Einwohner erkrankt und 2 Kinder gestorben waren, gingen die Menschen von La Gloria auf die Straße. Sie waren sich sicher: Die Krankheit kommt von dem benachbarten Schweinemastbetrieb eines amerikanisch-mexikanischen Konzerns, dessen stinkende Abwässer das Trinkwasser verunreinigen. Einer der Demonstranten, ein kleiner Junge, trug ein selbst gemaltes Plakat mit einem durchgestrichenen Schwein vor sich her. Darüber hatte er geschrieben: "Peligro" – das spanische Wort für Gefahr.



    D A S   W E L T - V I R U S

    Angriff aus dem Schattenreich

    Die neue Grippe aus Übersee scheint nicht mehr aufzuhalten zu sein. Fieberhaft versuchen Forscher herauszufinden, wie gefährlich der unsichtbare Gegner wirklich ist. Deutsche Virologen arbeiten bereits an einem Impfstoff gegen den Influenza-Erreger.

    Hinweis auf:
    Der Spiegel – 19/2009, 4. Mai 2009, Seite 128–139 (Titel) von 12 Autoren zusammengestellt. [Original suchen]

    [ Einige Infos aus dem Report ]



    D I E   M E X I K A N I S C H E   G R I P P E

    Jenseits von Masken und Medikamenten

    Noch gibt es bei der Schweinegrippe keine Entwarnung. Seit gestern warnt die WHO vor einer zweiten Welle im Herbst.

    Aus:
    Der Tagesspiegel, Berlin, 6. Mai 2009, Seite 8 (Meinung) von ALEXANDER S. KEKULÉ. Der Autor ist Institutsdirektor und Professor für Medizinische Miksrobiologie in Halle. [Original]

    I m Angesicht der "Schweinegrippe" wirken manche Seuchenschützer wie aufgeregte Hühner. Mexiko sprach zuerst von hunderten Toten, jetzt sollen es nur noch 16 sein. In den USA wurden massenweise Schulen geschlossen. Jetzt öffnen die Schulen wieder, weil das Virus doch nicht so schlimm sein soll. Die Gesundheitsbehörden in Singapur sehen das anders, dort kommen alle Passagiere aus Mexiko eine Woche in Quarantäne. China und diverse lateinamerikanische Länder haben die Flugverbindungen aus Mexiko ganz gestrichen.

    Selbst die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt widersprüchliche Signale. Zuerst nannte sie den neuen Erreger eine globale Bedrohung und setzte die Warnstufen in schwindelerregendem Tempo hoch. Dann hieß es, das Virus sei vielleicht doch nicht so gefährlich. Seit gestern warnt die WHO vor einer 2. Schweinegrippe-Welle im Herbst.

    Nun weiß keiner mehr so recht, ob er Masken und Lebensmittel einlagern und fünfmal täglich Hände waschen oder die Seuche einfach vergessen soll. Auch die beliebte Behördenformel, es bestehe "kein Grund zur Panik" hilft dem Bürger nicht weiter – Panik ist ja bereits definitionsgemäß eine grundlose Überreaktion, und die hatte wohl niemand geplant.

    Die Ursache des Wirrwarrs hat tatsächlich etwas mit den Hühnern zu tun. Bei Hühnern und anderem Geflügel grassiert seit Jahren das Vogelgrippe-Virus H5N1, in Teilen Asiens und Afrikas ist die Tierseuche außer Kontrolle. Wenn dieses außergewöhnlich gefährliche Influenzavirus direkt auf den Menschen überspringen würde, könnte es eine verheerende Pandemie wie die Spanische Grippe von 1918 auslösen – damals erkrankte ein Drittel der Erdbevölkerung, 2 % davon (bis zu 60 Millionen) starben. Dieses Horrorszenario hatten die Behörden vor Augen, als die ersten Zahlen aus Mexiko gemeldet wurden.

    Die Mexikanische Grippe, wie die "Schweinegrippe" heißen müsste (Pandemien werden nach dem Ort ihres Ausbruchs benannt), entstand jedoch auf einem anderen Weg: Der neue Erreger ist kein Vogelvirus, sondern eine genetische Mischung verschiedener Influenza-Viren. Schweine können als "Mischgefäße" fungieren, weil sie sowohl für menschliche als auch für von Vögeln stammende Influenza-Viren empfänglich sind. So bilden sich in Hausschweinen, von denen weltweit mindestens die Hälfte einmal im Leben eine Grippe bekommt, ständig neue Mischviren ("Reassortanten").

    Reassortanten lösen häufiger kleine Epidemien beim Menschen aus, sind aber weniger aggressiv als direkt übergesprungene Vogelviren. Die gefährlichsten bekannten Reassortanten, die Pandemie-Viren von 1957 (Asiatische Grippe) und 1968 (Hongkong Grippe), verursachten zusammen etwa 2 Millionen Todesfälle, ihre Sterblichkeitsrate war mindestens zehnmal niedriger als bei der Spanischen Grippe. Neueste Daten sprechen dafür, dass das aktuelle mexikanische Grippevirus H1N1 aus einem europäischen und einem amerikanischen Schweinevirus entstanden ist und bereits seit mindestens einem halben Jahr bei Hausschweinen zirkulierte [Ed: seit etwa November 2008]. Dazu passt, dass das mexikanische H1N1-Virus momentan kaum gefährlicher ist als die normale Grippe.

    Zudem ist der Erreger, zumindest in Europa, noch nicht außer Kontrolle. Mit etwas Glück verschwindet das Mexiko-Virus dann in den Sommermonaten wieder, wie andere Grippeviren auch.

    Im Spätherbst könnte der Erreger dann allerdings wiederkommen und die Grippesaison verschärfen. Das von der WHO ausgemalte Horrorszenario einer Wiederholung der Spanischen Grippe, die 1918 im Herbst viel schlimmer zurückkam, ist jedoch extrem unwahrscheinlich. Das Mexiko-Virus ist kein Vogelvirus und hat vollkommen andere Eigenschaften als das Virus von 1918.

    Wer nicht nach Mexiko reist (wovon derzeit abzuraten ist), braucht also weder Masken noch Medikamente zu bunkern. Gegen häufiges Händewaschen ist allerdings nichts einzuwenden: Das vermeidet auch Erkältungen, Darmgrippen und andere Infektionskrankheiten. Wenn obendrein im Herbst endlich mehr Menschen zur Influenza-Impfung gehen, hat die Aufregung um die Schweinegrippe sogar etwas Gutes bewirkt. [mehr]



    D I E   M E X I K A N I S C H E   G R I P P E

    Falls der Grippe-Tsunami kommt

    Aus den Schlagzeilen ist die Schweinegrippe momentan weitgehend verschwunden. Doch das Virus breitet sich weiter aus. Deutschland sollte jetzt den Impfstoff bestellen, meint Alexander S. Kekulé.

    Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 13. Mai 2009, Seite 8 (Meinung) von ALEXANDER S. KEKULÉ. Der Autor ist Institutsdirektor und Professor für Medizinische Miksrobiologie in Halle. [Original]

    W ährend sich die Schlagzeilen aufregenderen Themen widmen, breitet sich die Mexikanische Grippe weiter aus: Rund 5200 bestätigte Fälle sind es derzeit. Die Zahl dürfte sich nun wöchentlich verdoppeln, bis die Behörden mit den Tests nicht mehr nachkommen. Inzwischen ist die "Schweinegrippe" auch in China angekommen. Damit sind 30 Länder offiziell betroffen.

    Definitionsgemäß ist die (höchste) Stufe 6 der Warnskala, die eigentliche Pandemie, bereits erreicht. Dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sie bisher nicht ausrief, hat vor allem politische Gründe: Dass die Warnstufen sich nur auf die geografische Ausbreitung des Erregers und nicht auf dessen Gefährlichkeit beziehen, ist Medien und Politikern kaum zu vermitteln. Eine nach Aggressivität des Virus abgestufte Pandemiewarnskala lehnte die WHO bisher ab.

    Bereits die Erklärung der Warnstufe 5 hat weltweit zu Ängsten und Panikkäufen geführt. In Deutschland orderten mehrere Bundesländer, die bisher nur unvollständig ausgestattet waren, das Grippemittel Tamiflu; seitdem beliefert der ausverkaufte Hersteller den Apotheken-Großhandel nicht mehr. In den Vereinigten Arabischen Emiraten führten die Hamsterkäufe dazu, dass Influenzakranke kein Tamiflu bekommen. Verständlicherweise zögert die WHO beim Ausrufen der Pandemie: Niemand will unnötig vor dem Wolf warnen.

    Auch aus einem weiteren Grund könnte sich für die WHO ihr eigener Pandemieplan als problematisch erweisen. Spätestens ab Stufe 6 soll nämlich mit der Impfstoffproduktion gegen das Pandemievirus begonnen werden – doch das wäre im Moment weder möglich noch sinnvoll. Die meisten Hersteller sind noch dabei, den normalen Impfstoff für die Wintersaison der Nordhalbkugel zu produzieren; gleich danach beginnt dann die Produktion für die Südhalbkugel. Da die "saisonale" Influenza jährlich 3 bis 5 Millionen schwere Erkrankungen und bis zu 500.000 Todesfälle verursacht, kann auf den regulären Impfstoff nicht verzichtet werden. Für die ganze Welt wird es deshalb auf absehbare Zeit nicht ausreichend Impfstoff gegen die Mexiko-Grippe geben. Die Gesundheitsbehörden der USA überlegen, im Alleingang einen nationalen Vorrat anzulegen.

    Theoretisch könnte auch Deutschland für seine 82 Millionen Einwohner Impfstoff gegen das neue Virus H1N1 bestellen. Angeblich liegen dafür, so sieht es jedenfalls die Bundesgesundheitsministerin, verbindliche Verträge mit den Herstellern vor. Die beiden in Deutschland befindlichen Fabriken müssten zwischen den saisonalen Impfstoffproduktionen eine Sonderschicht einschieben. Der Impfstoff gegen das neue Pandemievirus würde dann rechtzeitig zur Influenzasaison im Spätherbst zur Verfügung stehen – doch lohnt sich der Aufwand?

    Gerade publizierte Daten bestätigen die Einschätzung, wonach das Virus der Mexikanischen Grippe harmloser ist und sich langsamer ausbreitet als von der WHO zunächst befürchtet. Demnach steckt jeder Grippekranke durchschnittlich "nur" 1,2 bis 1,5 Personen an. Aufgrund der für ein Pandemievirus eher langsamen Ausbreitung ruft die WHO die Staaten weiter dazu auf, die Einschleppung des Erregers so gut wie möglich zu verhindern. In Deutschland werden Einreisende aus Risikogebieten allerdings nicht auf Influenza getestet, weil dies nach Auffassung der Gesundheitsbehörden zu aufwendig ist und nicht alle Infizierten erfasst.

    Andererseits verbreitet sich das neue H1N1 deutlich schneller als ein saisonales Influenzavirus. Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass sich im bevorstehenden Winter der Südhalbkugel und auch in Entwicklungsländern eine massive Infektionswelle aufbaut. Im ungünstigen Fall kann diese dann zur Influenzasaison im Herbst wie ein Tsunami über Deutschland hereinbrechen. Gefährdet sind dann insbesondere Kinder und junge Menschen, die noch keine "Kreuzimmunität" gegen das neue H1N1 durch frühere Infektionen aufgebaut haben. Wenn die WHO die Pandemie ausruft, wird der Impfstoff schlagartig Mangelware sein. Aus deutscher Sicht sollte der Pandemieimpfstoff deshalb jetzt bestellt werden – sei es nur, damit kein Kind Angst vor dem Wolf haben muss.



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      Zum Teil 44

    © 2009-2009  – Universitätsrat a. D. Karl-Heinz Dittberner (khd) – Berlin   —   Last Update: 26.06.2011 23.31 Uhr