Dann machen wir euch dicht
Die Chance der Deutschen, die Viehkrankheit abzuwehren, geht gegen null. Auch Massen-Impfungen sind keine Lösung: Die EU droht mit harten Sanktionen, außerdem scheitert der Plan schon an mangelnden Serumvorräten.
Aus: Der Spiegel 13/2001, 26. März 2001, Seite 3638 (Deutschland) von CONNY NEUMANN, NORBERT PÖTZL, RÜDIGER SCHEIDGES, BARBARA SCHMID, SYLVIA SCHREIBER, MARTIN STAUDINGER und GÜNTHER STOCKINGER. [Original]Und als Ulrike Ottenottebrock in ihrem Bett lag, damals vor 44 Jahren auf dem Bauernhof der Eltern, und die Nacht hing dunkel und drohend über ihr, da faltete sie die Hände und betete. Betete, was sie von ihrer Oma Anna gehört hatte: "Lieber Gott, beschütze uns vor Krieg. Vor Feuer durch Blitz. Und vor der Maul- und Klauenseuche." Woran sich eine Bauernfunktionärin so erinnert in Zeiten der Not...
Und als der Reporter von NDR 4 den niedersächsischen Landwirtschaftsminister Uwe Bartels am vergangenen Donnerstag fragte, was er jetzt noch tun könne außer zu beten, da sagte Bartels: "Beten hilft immer." Worauf ein Minister so kommt in Zeiten der Not...
Und als der calvinistische Pastor Jan Borst im holländischen Seuchendorf Welsum den alten Bauern vor sich hatte, einen in der Seele verstörten Mann inmitten seiner todgeweihten Tiere, und der Prediger fragte, was er für ihn noch machen könne, da sagte der Alte nur: "Allein noch beten, Pfarrer." Was man als Bauer so sagt ohne Hoffnung in der Not...
Ob der Bauer aus Welsum, der Minister aus Hannover oder die Vorstandsfrau Ottenottebrock-Völker vom Agrar- Bündnis, einer Ökolobby aus 20 Verbänden vor der Seuche sind alle Landmenschen gleich: Sie denken ans Beten. Was man als Mensch so denkt, angesichts übermächtiger Gefahr.
Wie eine biblische Geißel ist nach dem Rinderwahn die Maul- und Klauenseuche (MKS) über die grüne Welt hereingebrochen, die spätestens seit vergangener Woche eine ganz kleine Welt geworden ist: Die Seuche war plötzlich in den Niederlanden, nur 50 Kilometer hinter der deutschen Grenze. Landvolk in Not: Verzweifelt kämpfen Bauern nun wieder um ihre Rinder und Schweine, ihren Besitz und ihre Existenz, sie verbarrikadieren ihr Vieh und verschanzen sich auf ihren Höfen.
Konsequenz einer verfehlten EU-Agrarpolitik. Doch auch bei jenen Deutschen, denen die Landwirtschaft bis zum BSE-Schock nie näher lag als die Milchtruhe im Supermarkt, zeitigt die Seuche umfassende Wirkung. Wie BSE macht MKS dem modernen Konsumenten klar, dass sein Steak Teil eines lebenden Tiers war und der Tod der Kreatur ein unappetitliches Stück Arbeit mit dem Schlachtermesser. Die Bilder von Rinder-Scheiterhaufen in Großbritannien und von krank zusammenbrechenden Schweinen zwingen Städtern wieder die Frage auf, wie viel Quälerei ihr Gaumenspaß wert ist.
Daran ändert auch nichts, dass MKS eine der ältesten und für den Menschen ungefährlichsten Tierseuchen ist, noch dazu eine, welche die meisten Opfer überleben lässt. Doch wie sich die Epidemie nun durch Europa fraß, von England über Frankreich nach Holland und Irland, unsichtbar und unaufhaltsam nach allen Spannungsregeln des Horrorfilms das hat Deutschland wieder aufs Äußerste alarmiert.
Erneut gilt es, eine unausweichliche Katastrophe öffentlich zu durchleiden. Die nächste Konsequenz einer verfehlten EU-Agrarpolitik, die zu extrem hohen Tierdichten in manchen Regionen geführt hat, zu Betrieben mit gigantischen Viehbeständen, zu unsinnig langen Tiertransporten und zur damit verbundenen Ausbreitung von Krankheiten. Eine Politik, die sich deshalb die entscheidende Frage gefallen lassen muss: Warum hat die EU unter diesen Umständen 1991 das Impfen gegen MKS verboten?
Fest steht: Einfach nur die Schotten dicht zu machen wird jetzt auch nicht mehr helfen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Epidemie Deutschland erreicht, liege bei "fast 100 Prozent", schätzte vergangenen Donnerstag die nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerin Bärbel Höhn. Da wusste die Grüne schon, dass seit Februar noch mehr als 1200 Transporte mit 221.000 Tieren aus den Niederlanden über die grüne Grenze gekommen waren.
Doch ganz so, als ließe sich das Virus trotzdem noch spätestens am Scheunentor verhaften, versucht es die überrumpelte Republik weiter mit einem an Inkonsequenz oder Untauglichkeit kaum noch zu überbietenden Abriegelungsaktionismus. Allein in Niedersachsen standen 56 Betriebe mit Vieh aus den Niederlanden unter Quarantäne. Bundesweit schlossen Zoos, in Düsseldorf beschlagnahmten Veterinäre französischen Rohmilchkäse auf dem Wochenmarkt, der Handelsriese Metro reagierte, kaum dass Irland seinen ersten MKS-Fall meldete, mit der Ankündigung, nun müsse wohl auch irischer Cheddar aus den Regalen verschwinden.
Doch während die Behörden in der niedersächsischen Gemeinde Wielen an der niederländischen Grenze kleinste Wald- und Wiesenübergänge sperrten, passierten auf der Hauptstraße am vergangenen Freitag noch Hunderte Pendler aus dem Nachbarland ohne Desinfektion der Autoreifen die Grenze. Und während die Landesregierung von Mecklenburg- Vorpommern Klassenfahrten nach England und Frankreich abblies, mussten sich Pauschalurlauber mit der gleichen Destination von der TUI sagen lassen, dass MKS keine Lebensgefahr darstelle, auch keinen Stornogrund.
Im bayerischen Weilheim standen derweil die Viehanhänger in langen Schlangen vor dem Landratsamt, weil Veterinäre kontrollierten, ob die Transporter nach jeder stempelpflichtigen Sonderfahrt stubenrein ausgewaschen wurden. Gleichzeitig pusteten riesige Gebläse in den Mastställen des Ortes möglicherweise Viren in alle Winde. Wie in Großbritannien, wo Ende vergangener Woche für 501 Betriebe der MKS-Fall bestätigt war und die Regierung erstmals einräumte, die Seuche nicht mehr unter Kontrolle zu haben, begann sich auch in Deutschland das öffentliche Leben zu strangulieren hier mehr, dort weniger.
Wie etwa beim Reitsport mit seinen jährlich 4000 Turnieren. Für die Bundesregierung gelten die Reiterkonvente als die reinsten Virenschleudern; das Verbraucherschutzministerium hat "dringendst" von der Teilnahme abgeraten. Weil das aber nur eine Empfehlung ist und jeder deutsche Kreisveterinär für seinen Bezirk entscheidet, welche Hygienebedingungen ein Turnier erfüllen muss, ist auf keinen Termin mehr Verlass. Auch nicht auf die Bundeswehr. Selbst die verkrümelte sich schon zum Innendienst: Sie sagte das Manöver "Löwensprung" ab, aus Angst, die Soldaten könnten möglicherweise nicht keimfrei aus dem Feld zurückkehren.
Doch was bringen Disziplin, Ordnung, Verzicht, wenn das Virus vom Winde verweht werden kann? Bis zu 300 Kilometer weit kann der Erreger getragen werden; "dagegen hilft nichts", ahnt Öko-Lobbyistin Ottenottebrock-Völker aus Erfahrung: Sie hat 1982 auf ihrem Hof in Rheda-Wiedenbrück selbst 120 Zuchtsauen durch die auf dem Luftweg übertragene Aujeszkysche Krankheit verloren. Auch Karin Gollisch, Tierschutzbeauftragte der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig, zweifelt an hermetischen Absperrungen: "Die Übertragung per Wind macht die Wirksamkeit sämtlicher Maßnahmen gegen die Seuche relativ."
Und wenn nicht der Wind, dann der Tiertourismus der europäischen Landwirtschaft wie bei den jüngsten Fuhren aus Holland. Weil der Export lebender Tiere in der EU lukrativer ist als die Ausfuhr von Fleisch, werden jedes Jahr 25 Millionen Tiere kreuz und quer über den Kontinent verschoben unter tierquälerischen Bedingungen: Rinder dürfen bis zu 29 Stunden, Schweine und Pferde bis zu 24 Stunden befördert werden, ohne den engen rollenden Käfig zu verlassen.
Betrügerische Machenschaften beim Tierhandel. Die Ziele der Viehspediteure liegen zu einem beträchtlichen Teil in Regionen, die besonders MKS-gefährdet sind: in Nordafrika, im Nahen Osten. Vor allem lebendes Geflügel wird in die Türkei exportiert, ein klassisches Transitland für neue MKS-Stämme aus Asien. Auch der aktuell grassierende MKS-Stamm O-PanAsia hat wohl diesen Weg genommen. Der Subtyp wurde 1990 bei einem Ausbruch in Nordindien isoliert, breitete sich rasch nach Fernost aus und fand seinen Weg nach Großbritannien.
Besonders oft steuern die Tiertransporter hier zu Lande den Weser-Ems- Bezirk an, Deutschlands größten Schweinestall mit 5 Millionen Sauen und Ebern, wo die Viehmast sich konzentriert wie die Angst der Bauern vor der Seuche. Wenn hier ein Betrieb ein infiziertes Schwein aus Holland geliefert bekommen hätte, wäre das für Niedersachsens Landwirtschaftsminister Bartels der "Super-GAU". An dieses Wort hat man sich schon gewöhnt, nicht aber an militärische Lageberichte wie den des niederländischen Landwirtschaftsministers Laurens Brinkhorst: "Wir befinden uns in einer Kriegssituation."
Was passiert, wenn das Virus nach Deutschland kommt, darauf gab der "Kriegszustand" beim Nachbarn einen Vorgeschmack: Seit vermutlich eine Fuhre Kälber aus Irland, die sich in der französische Krisenregion Mayenne infiziert hatten, das Virus eingeführt hat, stehen 122 Millionen Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen und Hühner unter Arrest. In Amsterdam wurde in Supermärkten die Milch knapp, weil sie nicht mehr von den Höfen geholt wurde. Im Rotterdamer Hafen lag Viehfutter, das nicht mehr in die Ställe gelangte. Dort neigten sich die Vorräte dem Ende zu.
Mit dem holländischen Seuchenzug spitzt sich in der EU die Debatte über das Impfen noch weiter zu. Doch während die Landwirtschaftsminister von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, Höhn und Bartels, Bauernpräsident Gerd Sonnleitner oder Landvolkpräsident Wilhelm Niemeyer die gefährdeten Viehbestände vorsorglich gegen den gerade grassierenden Virustyp aus Großbritannien schützen wollen, winkt der Tübinger Veterinärmediziner Bernd Haas von der Bundesanstalt zur Erforschung von Viruskrankheiten ab. "Die Diskussion ist irreal."
Höchstens eine Million Impfdosen gegen das England-Virus sind in Deutschland verfügbar, das reicht nicht mal für den Weser-Ems-Bezirk, geschweige denn für alle 15 Millionen Rinder und 26 Millionen Schweine bundesweit. Nun rächt sich, dass die EU 1991 jede MKS-Impfung verboten hat, obwohl der regelmäßige Großeinsatz der Veterinäre bis dahin sämtlichen Virentypen in Europa den Garaus gemacht hatte. "Der Stopp war aus immunologischer Sicht ein Fehler", urteilt Hans-Dieter Klenk, Virologe an der Universität Marburg, der die Rückkehr zur allgemeinen Impfvorsorge fordert.
Der Hauptgrund für den Ausstieg war 1991 ein wirtschaftlicher Vorteil. Die EU wollte sich Exportmärkte in Nordamerika und Osteuropa erobern dort aber ließ sich Fleisch nur verkaufen, das aus Ländern ohne MKS-Impfung stammte. Denn ob ein Klauentier wegen einer frischen Ansteckung oder nur wegen einer Impfung Antikörper gebildet hat, lässt sich bis heute nicht unterscheiden.
Für die Entwicklung eines markierten Impfstoffs, der die sichere Abgrenzung geleistet hätte, habe es nach dem Verbot der MKS-Impfprogramme auch keine Forschungsgelder mehr gegeben, beklagt Werner Eichhorn, Veterinärmediziner an der Universität München. "Daran hatte keiner mehr Interesse."
So kann die EU ausgerechnet deshalb so hartnäckig an ihrer Anti-Impf-Strategie festhalten, weil durch ihre jahrelange Abwehrhaltung Massenaktionen in der jetzigen Krise ohnehin nicht mehr realistisch sind. Noch kurz vor der Sitzung der deutschen Agrarminister am Donnerstag [22.3.2001] in Cottbus machte EU-Verbraucherkommissar David Byrne einer zwiegespaltenen deutschen Verbraucherschutzministerin Renate Künast klar: "Wenn ihr auch nur ein Tier impft, geltet ihr als MKS-Land, und dann machen wir euch dicht: keine Exporte mehr in die EU."
Künast blieb deshalb auch vor den murrenden Länderkollegen in Cottbus bei ihrem Nein zu vorbeugenden Spritztouren. Die Agrarminister mussten sich damit zufrieden geben, dass sie wenigstens bei einem nachgewiesenen MKS-Ausbruch in ihrem Bundesland Ringimpfungen um den betroffenen Hof anordnen dürften. So wie das die EU den Niederlanden für den Fall erlaubt hat, dass sie mit dem Keulen nicht schnell genug nachkommen. Dann aber nur dann könnte die EU auf einen Exportstopp für einen Mitgliedsstaat verzichten Voraussetzung: Die geschützten Tiere werden trotzdem noch getötet, so schnell es geht.
Für die EU blieb damit im Veterinärausschuss am Freitag [23.3.2001] in Brüssel der "Body-Count" auch weiterhin eine kühle Risiko- Abwägung. Solange Tierkeulungen und kurze Exportstopps weniger ins Geld gehen als weltweite Vermarktungssperren für geimpftes Fleisch, will die Gemeinschaft wohl bei ihrer Strategie bleiben. Denn gegenwärtig sind noch 11 der 15 Mitgliedsländer seuchenfrei. Käme der gesamte EU-Fleischmarkt zum Erliegen, beträfe dies ein Exportvolumen von 40 Milliarden Euro. Dagegen nehmen sich bislang rund 1,5 Milliarden Gulden Umsatzverlust in Holland oder die 3,6 Milliarden Pfund der britischen Landwirtschaft bescheiden aus.
MKS in Großbritannien außer Kontrolle. Rechnen muss nun auch Renate Künast: Der Bund werde den Bauern finanziell beistehen, kündigt die Ministerin an. Geschröpfte Tierseuchenkassen und die Absage aus Brüssel, das Keulen mit zu finanzieren, lassen neue Belastungen für den Bundeshaushalt erwarten. Bisher orientiert sich Künast allerdings am billigen Schadensfall Frankreich, nicht am drohenden Totalverlust in Großbritannien.
Dem Notstand der Briten ist mit Mitteln der Politik ohnehin kaum noch beizukommen, allenfalls noch mit dem Mittel des politischen Offenbarungseids. Auf dem EU-Gipfel in Stockholm musste Premier Tony Blair seinen Kollegen eine peinliche Bitte unterbreiten: Sie mögen ihm doch Veterinäre schicken, bettelte Blair. Das stolze Britannien hatte nicht mehr genug Experten, um sich selbst zu helfen.
[DIE ZEIT: Dialektik des Fleisches Die Maul- und Klauenseuche könnte Labour den Wahlsieg kosten]
Neuer Test verspricht bessere BSE-Früherkennung
Aus: Yahoo-News, 26. März 2001, 15.19 Uhr (Wissenschaft). [Original]GÖTTINGEN. Wissenschaftler haben ein Verfahren zur Früherkennung der Rinderseuche BSE zum Patent angemeldet, das allen gängigen Testmethoden deutlich überlegen ist. Erstmals könne am lebenden Tier schon sehr früh eine Infektion mit den BSE-Erregern nachgewiesen werden, berichtete das Max-Planck- Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen heute und bestätigte damit einen Bericht der Zeitschrift Spektrum der Wissenschaft (April- Ausgabe). Bislang werden im Verdachtsfall ganze Herden getötet, weil nur tote Rinder auf BSE untersucht werden können. Der Test, der auch für Menschen geeignet sei, soll frühestens in einem Jahr marktreif sein.
Der große Vorteil im Vergleich zu heutigen Verfahren liege darin, dass eine Infektion nachweisbar sei, bevor die Tiere schwer krank sind und besondere Auffälligkeiten zeigen. Bisher können die BSE- auslösenden Prionen im Gehirn oder anderen Risikomaterialien der Tiere nur im Spätstadium der Erkrankung festgestellt werden. Dem Bericht zufolge haben der emeritierte Göttinger Nobelpreisträger Manfred Eigen und Detlev Riesner (Universität Düsseldorf) den Test bei Versuchen an der Rückenmarksflüssigkeit von Creutzfeldt-Jakob- Patienten entwickelt.
Zurzeit kann eine Infektion erst sehr spät bei einer Konzentration von mehreren Billionen Prionen pro Kilogramm Gewebe oder Flüssigkeit belegt werden. Der neue Test dagegen liefere tausendfach empfindlichere Werte, hieß es. Absolute Sicherheit biete aber auch dieses Verfahren nicht, da es auf die für eine Infektion ausreichende Menge von 100.000 Prionen noch nicht anspreche. Langfristig sind die Experten aber optimistisch, den Test zu verfeinern, um die Unbedenklichkeit jeder Scheibe Wurst belegen zu können.
Das neue Verfahren arbeitet mit zwei Sorten von Antikörpern, die sich spezifisch an zwei verschiedene Stellen des Prion- Proteins anheften können. Diese binden sowohl an normale im Rückenmark schwimmende Prionen als auch an die Prion-Ketten in infizierten Menschen oder Tieren. Während ein harmloses Prion jedoch nur maximal zwei mit verschiedenen Fluoreszenzfarbstoffen markierte Antikörper binden kann, lagern sich an eine Kette mehrere hundert Antikörper beider Sorten.
Immens hohe Zahl
In Queniborough grassierte unter Menschen der Rinderwahn. Was lehrt die Analyse?
Aus: DIE ZEIT Nr. 14/2001, 29. März 2001, Seite ?? (Wissen). Die Fragen stellte HARRO ALBRECHT. Dr. Walter Schulz-Schaeffer ist Leiter der TSE- Koordinierungsstelle in Göttingen. [Original]DIE ZEIT: Im britischen Städtchen Queniborough sind ungewöhnlich viele Menschen an der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, vCJK, erkrankt. Inzwischen liegt eine offizielle Analyse vor. Was ist dort geschehen?
WALTER SCHULZ-SCHAEFFER: Das Problem waren offensichtlich die Arbeitsmethoden eines kleinen Metzgers. Der Schlachter hat offenbar Schädel und Wirbelsäule geöffnet und das Nervengewebe genutzt, sodass Fleischwaren kontaminiert worden sind. Zudem wurden große Bullen, die drohten, renitent zu werden, mit einem Bolzenschussgerät niedergestreckt dadurch verteilte sich infektiöses Hirngewebe auf das Muskelfleisch. Das passiert auf den Schlachthöfen auch heute leider noch.
ZEIT: Was bringt der Queniborough-Bericht aus wissenschaftlicher Sicht?
SCHULZ-SCHAEFFER: Dass keine weiteren, bislang unbemerkten Ursachen der Übertragung des BSE-Erregers zu finden waren. Kein Medikament hat es ausgelöst oder irgendein medizinischer Eingriff. Wenn Fleischprodukte mit Risikomaterial in Berührung gekommen sind, dann geht offenbar auch vom Fleisch selber, das wir ja sonst als unbedenklich betrachten, ein Risiko aus.
ZEIT: Warum haben sich dann nur 5 Menschen in dem Örtchen infiziert?
SCHULZ-SCHAEFFER: Man muss eher fragen: Warum waren es überhaupt 5? 5, das ist bei einer Gesamtzahl von 94 vCJK-Fällen in England eine immens hohe Zahl und das bei einer Gemeindegröße von zweieinhalbtausend Einwohnern. Es wäre erschreckend, wenn sich nur aufgrund dieser unsauberen Zerlegungspraktiken eine so hohe Zahl von Übertragungen des BSE-Erregers auf den Menschen ergibt.
ZEIT: Vielleicht bestanden in Queniborough nur besonders üble Zustände?
SCHULZ-SCHAEFFER: Kann sein. Aber es ist immer noch nicht ausgeschlossen, dass die Betroffenen dort nur deshalb ausgesprochen empfänglich für den Erreger waren, weil noch ein weiterer Faktor hinzugekommen ist.
ZEIT: Was könnte das gewesen sein?
SCHULZ-SCHAEFFER: Der Pathologe Stephen De Armond, der mit dem Nobelpreisträger Stanley Prusiner zusammenarbeitet, ist der Meinung, dass ein entzündlicher Prozess im Bereich des oberen Verdauungsweges dem Erreger den Zutritt zum Körper erleichtert.
ZEIT: Die Opfer haben also im unpassendsten Moment einen Magen-Darm-Infekt erlitten?
SCHULZ-SCHAEFFER: Exakt. Es könne auch sein, sagt De Armond, dass sie verstärkt Mandelentzündungen hatten. Aus diesem Grund seien besonders jüngere Leute betroffen.
ZEIT: Wenn aber kein Kofaktor gefunden wird ist dann Queniborough möglicherweise der erste Vorbote für sehr viel mehr Tote als bisher angenommen?
SCHULZ-SCHAEFFER: Im Prinzip ja. Es kommt natürlich auf die Menge der erkrankten Tiere an, die überhaupt in die Nahrungskette gelangt sind. In Großbritannien waren es bis 1993 zwischen 750.000 und 1,5 Millionen infizierter Tiere. In Deutschland sind es im ungünstigsten Fall 2000 Tiere.
ZEIT: Was heißt das für die Zahl der erwarteten vCJK-Fälle in Deutschland?
SCHULZ-SCHAEFFER: Es wird auch hierzulande wahrscheinlich vCJK-Fälle geben, aber um drei Zehnerpotenzen weniger.
ZEIT: Wenn man sich die neuesten Zahlen der vCJK-Erkrankungen ansieht, dann könnte man auf die Idee kommen, man sähe den Anfang eines rasanten Anstiegs.
SCHULZ-SCHAEFFER: Wir haben mit dem Ende des letzten Jahres einen statistisch signifikanten Anstieg. Die nächsten zwei Jahre werden zeigen, wie die Kurve weiter verläuft.
ZEIT: Neuerdings wurde nachgewiesen, dass sich auch ältere Affen infizieren lassen. Müssen wir mit einer Erkrankungswelle auch unter Älteren rechnen?
SCHULZ-SCHAEFFER: Aufgrund der Daten aus England ist schon klar, dass auch ältere Menschen empfänglich sind. Bei den Affen hat man gesehen, dass die Jüngeren den Erreger massiv anreichern und die Krankheitsdauer länger ist. Aber das sagt nichts über die besondere Empfänglichkeit jüngerer Tiere aus.
ZEIT: Zeichneten sich die vCJK-Opfer aus Queniborough durch Besonderheiten aus?
SCHULZ-SCHAEFFER: Wir sehen bei allen Patienten mit dieser neuen Variante der Creuzfeldt-Jakob-Erkrankung eine bestimmte Variabilität des Prion-Protein-Gens an der Position 129 , wie sie nur in 40 Prozent der Bevölkerung vorkommt.
ZEIT: Was folgt aus dem Bericht für uns?
SCHULZ-SCHAEFFER: Man muss möglichst genaue Fallanalysen durchführen, um herauszufinden, welche Konstellation zur Erkrankung führt. Die Schwierigkeit liegt in der langen Inkubationszeit. Das macht es besonders schwer, die Auslösesituation rückwirkend zu erschließen deshalb brauchen wir wahrscheinlich auch eine größere Zahl von Fällen. Im Grunde genommen hat die Queniborough- Analyse keine neuen Fakten gebracht, sondern eine Risikokonstellation gezeigt, die wir längst kennen.
ZEIT: Gibt es schon einen deutschen Fall?
SCHULZ-SCHAEFFER: Nein, es gibt in Deutschland noch keinen bestätigten Fall einer neuen Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung und auch keinen Fall, bei dem wir von dem klinischen Verlauf her den dringenden Verdacht haben.
M K S + B S EBritische Bauern fordern Export-Stopp für deutsches Beef
Aus: Yahoo-News, 3. April 2001, 17.12 Uhr (Wirtschaft). [Original]LONDON. Der britische Bauernverband NFU hat ein sofortiges Exportverbot für deutsches Rindfleisch verlangt, weil in einer Lieferung abermals BSE-Risikomaterial entdeckt wurde. Die Europäische Kommission müsse deutsche Rindfleischexporte sofort untersagen, forderte NFU-Präsident Ben Gill in London. Am Freitag [30.3.2001] war in der englischen Region Sussex eine deutsche Lieferung entdeckt worden, die Rückenmark enthielt. Die BSE-Erreger konzentrieren sich in Nervengewebe. Der Lieferant, ein Schlachthof in Wilhelmshaven, habe die Produktion kurzzeitig eingestellt, arbeite seit gestern aber wieder, teilte das Bundesagrarministeriums am Dienstag mit.
Die NFU hatte bereits Anfang März gefordert, deutsche Rindfleischexporte zu untersagen. Vor einem Monat waren in Lieferungen aus insgesamt sechs deutschen Schlachthöfen in Großbritannien BSE-Risikomaterialien wie Rückenmark entdeckt worden. EU-Gesundheitskommissar David Byrne hatte die deutsche Verbraucherministerin Renate Künast damals aufgefordert, die Europäische Union (EU) darüber zu informieren, wie sie dies künftig verhindern wolle.
Britische Bauern hielten sich an die Regeln, sagte Gill in einem Schreiben an Byrne. Aber jetzt hätten sie die Nase voll. "Sie (die Bauern) sind nicht in der Verfassung, zu verzeihen." Die Kommission habe keine Gewissenbisse gehabt, britisches Fleisch mit einem Exportverbot zu belegen. Sie müsse jetzt genauso viel Elan zeigen, sagte Gill.
Ministerin Künast habe Byrne über den neuen Fall informiert, sagte ihre Sprecherin. Eine Reaktion von Byrne liege noch nicht vor. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, sagte, er sei "unwahrscheinlich empört, dass dies nochmals vorgefallen ist". "Schweinereien entschuldigen sie diesen Ausdruck dulden wir unter keinen Umständen. Hier müssen alle Möglichkeiten des Rechts ausgeschöpft werden, bis hin zur Schließung des Schlachthofes", sagte er in Berlin.
Rückenmark und Hirn vom Rind dürfen nicht in Nahrungsmittel gelangen, da sich BSE-Erreger in Nervengewebe konzentrieren. Die Rinderkrankheit BSE steht im Verdacht, beim Menschen eine neue Variante der tödlichen und unheilbaren Creutzfeldt-Jakob- Krankheit auszulösen.
M E D I Z I NSeuche stürzt EU in Finanzkrise
Die Maul- und Klauenseuche stellt die EU vor immense finanzielle Probleme. Agrarkommissar Franz Fischler beziffert die schon jetzt entstandenen Kosten auf 330 Millionen Mark.
Aus: Spiegel-Online, Hamburg, 7. April 2001, 18.02 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]BERLIN. Die Summe ergebe sich, wenn man nachzähle, wie viele Tiere bisher getötet worden sein, um eine weitere Verbreitung der Tierkrankheit zu verhindern., sagte Fischler der Berliner Zeitung. Hinzu kämen noch indirekte Kosten auf Grund der von einigen Ländern verhängten Importverbote für Fleisch aus der EU. Diese Verbote könnten auch zu Problemen auf dem Milchmarkt führen.
Aus welchen Töpfen Zusatzausgaben finanziert werden könnten, konnte Fischler nicht sagen. "De facto haben wir die finanziellen Möglichkeiten vollständig ausgeschöpft", sagte er. Die EU müsse nun versuchen, die Verbraucher davon zu überzeugen, dass das Rindfleisch durch Entfernung des Risikomaterials wieder sicher sei.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Verbraucherschutz, Gerald Thalheim (SPD), hält Unterdessen flächendeckende Impfungen gegen die Maul- und Klauenseuche [MKS] für wirkungslos. Thalheim schrieb im Focus, es sei nicht möglich, erfolgreich zu impfen, da zu viele MKS-Virustypen existierten. Auch reiche das Impfstofflager nicht aus, um alle 40 Millionen Klauentiere in Deutschland zu impfen.
"Deshalb ist die Forderung nach flächendeckender Impfung zwar populär, aber im Grunde genommen Aktionismus", meint Thalheim. Für den Fall eines MKS- Ausbruchs in Deutschland werde es Notimpfungen geben, wenn die Seuche nicht durch Bestandstötung zu kontrollieren ist. Bislang gibt es noch keinen bestätigten MKS- Fall in Deutschland.
Kobragift bei Rinderwahn
Aus: Der Spiegel 15/2001, 9. April 2001, Seite 192 (Prisma).Mit gezielten Eingriffen ins Immunsystem lässt sich möglicherweise die Ausbreitung der für den Rinderwahn (BSE) und die Creutzfeldt-Jakob- Krankheit (CJK) verantwortlichen Erreger im Körper verzögern. Dies gelang Forschern aus Edinburgh bei der mit BSE verwandten Scrapie- Krankheit, indem sie einen Bestandteil von Kobragift in Versuchsmäuse injizierten.
Verursacht wird das Hirnleiden sowohl bei Schafen und Kühen als auch bei Menschen durch bestimmte infektiöse Eiweißstoffe [Prionen]. Diese gelangen über den Darm in den Körper, vermehren sich in den Lymphknoten und wandern über die Nervenbahnen ins Gehirn, wo sie einen unaufhaltsamen Zerstörungsprozess in Gang setzen. Nachdem das Schlangengift injiziert wurde, infizierten die Forscher die Mäuse mit den Erregern. Symptome der Krankheit traten aber erst mit deutlicher Verspätung auf.
Nachdem die Wissenschaftler bislang vor allem den Krankheitsverlauf von BSE und CJK untersuchten, weisen die im Fachblatt Nature Medicine veröffentlichten Studien nun auf mögliche Wege zu einer frühen Therapie der tödlichen Infektionen hin.
100 Tage Geschwindigkeit
Verbraucherministerin Künast hat die stärkste Lobby und die wankelmütigste
Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 21. April 2001, Seite 8 (Meinung) von DAGMAR DEHMER. [Original]Marodierende Bauern auf den Straßen und Treckerdemonstrationen sind ein mächtiges Druckmittel. Jahrzehntelang konnten sich die deutschen Agrarminister darauf verlassen. Und da die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik zu einem undurchschaubaren Dschungel geworden ist, fragte auch niemand, wofür die Landwirtschafts-Subventionen genau ausgegeben werden. Die Agrarminister durften sich mächtig fühlen, solange die breite Öffentlichkeit nichts von ihnen wollte. In Wahrheit tanzten Kiechle, Borchert oder Funke nach der Pfeife der Agrarlobby.
Mit dem Amtsantritt der Grünen, Renate Künast, vor 100 Tagen änderte sich das schlagartig. Denn sie war von einer weit mächtigeren Lobby an die Macht gebracht worden: den Verbrauchern. Aus Angst vor BSE kam monatelang zumindest kein Rindfleisch mehr auf den Teller. Diese Demonstration war machtvoll genug, um sogar den Bundeskanzler das Ende der Agrarfabriken fordern zu lassen.
Dass das leichter vom Kanzler gesagt als von einer Verbraucherministerin getan ist, hat Renate Künast schnell gemerkt. Ihre erste Reise zum Agrarministerrat nach Brüssel war auch ihre erste Niederlage. Gerade sie konnte nicht verhindern, dass die EU ein Rinder- Vernichtungsprogramm auflegte, um den Rindfleisch-Markt zu entlasten. Denn just die deutschen Verbraucher hatten diesen mit ihrem erfolgreichen Rindfleisch- Boykott ja zum Zusammenbruch gebracht. Die Verbraucher in ihrer Nebenrolle als Tierfreunde machten der Ministerin trotzdem die Hölle heiß. Renate Künast musste schnell erkennen, dass ihre Lobby zwar weit mächtiger ist als die alte Kumpanei zwischen Bauern, Pharma- und Ernährungsindustrie, aber wankelmütig und gespalten: der eine Verbraucher denkt im Normalfall anders als der andere und will am nächsten Tag etwas drittes.
Renate Künast muss sich nicht nur durch das Dickicht des europäischen Agrarfilzes schlagen. Sie muss auch noch schnelle Erfolge vorweisen. Denn eines eint die Verbraucher: Sie haben keine Geduld. Genauso wenig wie der Kanzler. Dass sie seit 100 Tagen beinahe ausschließlich Krisenmanagerin ist, gilt da nicht als Entschuldigung. Ist aber ein Problem. Nicht nur, dass die Ministerin mit den Folgen der BSE-Krise fertig werden muss. Seit Mitte Februar muss sie damit rechnen, dass die Maul- und Klauenseuche auch in Deutschland ausbrechen könnte. Damit kämen weitere Kosten auf sie zu. Dabei bräuchte sie das Geld dringend, um die versprochene Wende anzustoßen.
Die Verbraucherschutzministerin hat zu Beginn ihrer Amtszeit einige Fehler gemacht. Sie hat es versäumt, die Umweltverbände als ihre natürlichen Verbündeten mit ins Boot zu holen, was diese ihr zur 100-Tage-Bilanz deutlich vorhielten. Sie hat sich zu sehr auf die alten Berater Funkes verlassen, die ihr etwa in der 90-Bullen-Frage das Falsche geraten haben und nun offen anzweifeln, ob Künast ihre Ziele überhaupt erreichen kann. Sie hat versucht, in Brüssel mit dem Kopf durch die Wand zu brechen. Doch Renate Künast ist eine kluge Frau, die ihre Lektion im Eiltempo lernt. Es ist ihr nicht nur gelungen, in wenigen Wochen die verschlungenen Strukturen zu durchschauen. Sie hat in Brüssel inzwischen auch einen anderen Ton angeschlagen und erste Erfolge erzielt. So in der Impffrage: Wenn im Gefahrenfall geimpft wird, darf zumindest Rindfleisch regional vermarktet werden. Scheiterhaufen aus tausenden Tieren wird sie der deutschen Öffentlichkeit selbst dann nicht präsentieren müssen, wenn die Maul- und Klauenseuche doch noch ausbricht.
Sie hat in Deutschland die Weichen richtig gestellt. Bis Mitte des Jahres will Künast mit den Ländern einig sein, wie die deutschen Agrar- Millionen im kommenden Jahr ausgegeben werden. Zudem will sie Subventionen künftig an ökologische oder kulturelle Vorgaben binden und den Großbetrieben einen Teil ihrer Zuschüsse wegnehmen, um dieses Geld in die Ökologisierung der Landwirtschaft zu investieren. Das lässt die EU schon lange zu, Deutschland hat bisher auf diese Möglichkeit verzichtet.
Das ist eine gute Basis für die Agrarwende. Jetzt muss sie nur noch die Verbraucher überzeugen. Denn wenn diese demnächst wieder zur Tagesordnung übergehen und vor allem dort einkaufen, wo es am billigsten ist, hat die Agrarreform keine Chance. Renate Künast braucht eine mächtige Lobby. [Opposition kritisiert die Ministerin]
Künast will schärfere BSE-Kontrollen
Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 4. Mai 2001, Seite 5 (Innenpolitik). [Original]BERLIN/DRESDEN. Bundesverbraucherministerin Renate Künast (Grüne) will die Rinderseuche BSE in Deutschland systematischer und mit schärferen Kontrollen bekämpfen. Als Vorbild nannte Künast die Schweiz. Dort habe die Regierung nach Auftreten des ersten BSE-Falls vor zehn Jahren "die ganze Produktionskette in Angriff genommen", sagte sie in Berlin.
Auch in Deutschland müsse die BSE- Bekämpfungspolitik überdacht werden. Eine Verbraucherabgabe auf alle Fleischwaren zur Finanzierung der BSE- Folgekosten lehnte die Grünen- Politikerin ab. In Deutschland ist die Zahl der BSE- Fälle inzwischen auf bundesweit 57 gestiegen. In Sachsen wurde gestern der landesweit zweite Fall von Rinderwahnsinn bestätigt.
P F L A N Z L I C H E G E N T E C H N I KCreutzfeldt-Jakob-Variante bei Älteren
Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 7. Mai 2001, Seite 29 (Forschen). [Original]LONDON (wez). Die vermutlich durch den Rinderwahnsinn BSE hervorgerufene neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJK [international nvCJD oder vCJD]) beim Menschen ist nun erstmals bei einem älteren Patienten im Alter von 74 Jahren beobachtet worden. Das berichtet ein englisches Ärzteteam im Fachblatt Lancet (Band 357, Seite 1339). Bisher war man davon ausgegangen, dass die Krankheit vor allem Jüngere trifft. Das Durchschnittsalter der bislang bekannt gewordenen 85 Fälle in Großbritannien liegt bei 29 Jahre, der älteste Patient war 54. Die Ärzte befürchten nun, dass mancher Fall von vCJK unter älteren Patienten unentdeckt bleiben könnte.
Bei dem Kranken handelte es sich um einen Elektriker im Ruhestand, der keine besonderen Risikofaktoren für vCJK wie die Behandlung mit Wachstumshormon, Gehirnoperationen oder Bluttransfusionen hatte, aber regelmäßig Fleischpasteten und Würtstchen aß. Der Mann fiel zunächst durch Halluzinationen und Verfolgungswahn auf. Dann klagte er über Schmerzen, wurde extrem vergesslich und gangunsicher. Schließlich nahm er kaum noch etwas zu essen oder zu trinken zu sich und versank in einen Dämmerzustand. Sieben Monate nach den ersten Krankheitszeichen starb er an einer Lungenentzündung. Die Krankheitszeichen des Patienten ähnelten damit denen der bis jetzt bekannt gewordenen Fälle von vCJK unter Jüngeren.
Erst bei der feingeweblichen Untersuchung des Patientengehirns wurde die Krankheit festgestellt. Die Ärzte rufen deshalb zur Wachsamkeit auf auch Ältere kann vCJK treffen.
Gen-Mais heimlich zugelassen
Entgegen dem offiziellen Kurs der Bundesregierung wurde bereits Ende März genmanipulierter Mais für den Anbau in Deutschland befristet zugelassen. Eine der Sorten soll den Einsatz von Unkrautvernichtungsmitteln erleichtern.
Aus: Spiegel-Online, 28. Mai 2001, 19.16 Uhr (Politik). [Original]BERLIN. Wie die Umweltschutzorganisation Greenpeace berichtete, hat das in Hannover ansässige Bundessortenamt rund 30 Tonnen Saatgut von 10 verschiedenen Gentech- Maissorten zur Aussaat bis Ende des Jahres zugelassen. Die Menge reicht aus, um eine Fläche von rund tausend Hektar zu bepflanzen.
Die Entscheidung fiel bereits Ende März, wurde aber erst Mitte Mai im Amtsblatt veröffentlicht. Weitere und frühere Informationen für die Öffentlichkeit hielten die Beamten nicht für notwendig. Das sei gerade bei einem so sensiblen Thema nicht akzeptabel, monierte Christoph Then, Gentechnik- Experte bei Greenpeace.
Die Ausnahmegenehmigung für die Genmais-Sorten steht im Widerspruch zum offiziellen Kurs der Bundesregierung, die im Sinne einer Agrarwende den ökologischen Landbau verstärkt fördern will. Der jedoch schließt den Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen aus.
Keine Angaben über die Orte der Aussaat
Trotz der noch nicht ausreichend erforschten Auswirkungen der gemanipulierten Pflanzen auf die Umgebung müssen ihre Anbauorte nicht gemeldet werden. Das bestätigte eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums gegenüber SPIEGEL- Online. Die vertreibenden Saatgut- Unternehmen seien lediglich verpflichtet zu dokumentieren, an wen sie wie viel davon verkaufen. Bei Bedarf könne so auf Anfrage der Landesbehörden der Weg des Genmais nachvollzogen werden.Es sei "völlig unverständlich, dass das Ministerium keine Angaben darüber hat, wo der genmanipulierte Mais ausgesät wurde", kritisiert Greenpeace- Mann Then. So hätten die anliegenden Bauern keine Möglichkeit ihre Felder vor den Pollen der genmanipulierten Pflanzen zu schützen.
Antibiotika-Resistenz besonders problematisch
Zu den in Verkehr gebrachten Maissorten gehört unter anderen Mais mit der Bezeichnung Bt 176. Er produziert selbst einen Wirkstoff gegen Insekten, der den Einsatz von Pestiziden ersetzen soll. Diese Sorte hatte die damalige Gesundheitsministerin Fischer (Bündnis 90/ Die Grünen) aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes im Februar 2000 gestoppt.Eine andere der ausgesäten Sorten enthält ein so genanntes T 25-Gen, dass die Pflanze resistent gegen das Unkrautvernichtungsmittel "Basta" macht. Dieses Herbizid kann dann auf dem Acker eingesetzt werden, ohne die Maispflanze im Wachstum zu beeinträchtigen. Über die endgültige Zulassung einer Maissorte mit dieser Eigenschaft unter dem Namen Artuis entscheidet das Bundessortenamt voraussichtlich am 7. Juni.
Beide Sorten enthalten ein Gen für Antibiotika-Resistenz, dass der Erkennung der veränderten Sorten dient. Diese Eigenschaft gilt als besonders problematisch, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die Resistenz auf die Tiere überträgt, an die der Mais verfüttert wird.
[Manipulierter Mais vor der Zulassung]
V E R B R A U C H E R S C H U T ZRindfleisch falsch deklariert
Die Handelskette hat wegen BSE Fleisch eingefroren und verkaufte es jetzt als Frischfleisch
Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 30. Mai 2001, Seite 32 (Aus aller Welt). [Original]ROSBACH. Mit dem schönen Wetter hat die Grillsaison begonnen. Auch die Supermärkte haben sich darauf eingestellt. "Marinierte Hüftsteaks" offerierten die zur Rewe- Handelskette gehörenden miniMal- Märkte in Hessen und Rheinland- Pfalz am 21. Mai. Mancher begeisterte Hobby- Grillmeister mag da erfreut zugegriffen haben. Im Nachhinein hat sich das Sonderangebot allerdings zumindest als zweifelhaft entpuppt. Seit dem 25. Mai ermittelt die Staatsanwaltschaft Gießen gegen die in Köln ansässige Rewe wegen des Verstoßes gegen die Kennzeichnungspflicht von Rindfleisch. Ein Mitarbeiter der Rewe- Zentral-AG im wetterauischen Rosbach v.d.H. (bei Friedberg/ Hessen) wird beschuldigt, den Verkauf von bis zu 30 Tonnen zuvor eingefrorenen Rindfleisches als Frischware angeordnet zu haben. Dies wird von Rewe bestritten.
Die Anzeige war in Bad Kreuznach eingegangen: Der dortigen Staatsanwaltschaft berichtete ein Zeuge vertraulich von der Aktion, die auf den Mitarbeiter der Zentrale in Rosbach zurückgehen soll. Hintergrund: Auf dem Höhepunkt der BSE- Krise im vergangenen Jahr, als Verbraucherinnen und Verbraucher den Metzgern scharenweise davonliefen, saß auch die Rewe- Handelskette auf großen Mengen Jungbullenfleisch, die sie nicht absetzen konnte. Das Fleisch wurde in einem Tiefkühllager eingefroren. Im Frühjahr soll nun, so der Vorwurf, der Mitarbeiter angeordnet haben, das Fleisch aufzutauen und im April und Mai als Frischfleisch- Sonderangebote über die miniMal- Märkte in Hessen und Rheinland- Pfalz zu verkaufen. Ab dem 23. April wurden die Chargen ausgeliefert: als Rinderrouladen zum Angebotspreis von 13,99 Mark das Kilo, teilweise auch mariniert.
ZENTRAL GESTEUERT?
Rewe spricht von Einzelfällen.Eine groß angelegte Durchsuchungsaktion am vergangenen Freitag sowohl in der Rewe-Zentrale in Rosbach als auch in verschiedenen miniMal- Märkten in den mittelhessischen Landkreisen Wetterau, Gießen und Lahn- Dill, bei einem Großmetzger in Wetzlar, in mehreren Privatwohnungen sowie bei der Datenzentrale der Rewe in Frankfurt hat den Verdacht der Ermittler erhärtet. Oberstaatsanwalt Reinhard Hübner, Sprecher der Staatsanwaltschaft Gießen, erklärte, in mehreren miniMal- Märkten in den Landkreisen Gießen und Wetterau habe man am Freitag falsch deklariertes Rindfleisch gefunden. Das nicht mehr frische Fleisch hätte mit dem Hinweis "aufgetaut" sofort verzehren" versehen werden müssen.
Der Sprecher der Rewe in Köln, Wolfram Schmuck, zeigte sich von der Auskunftsfreude der Staatsanwaltschaft Gießen überrascht; es handle sich um ein laufendes Ermittlungsverfahren. Nach seinen Angaben ist aufgetautes Fleisch nur in einem miniMal- Markt als Frischfleisch verkauft worden; eine Anweisung für dieses Vorgehen habe es nicht gegeben. Zudem habe Rewe das Fleisch in der vergangenen Woche zurückgezogen. Die Staatsanwaltschaft hält indessen an ihrem Verdacht fest, das Fleisch sei nicht "versehentlich", sondern aufgrund einer "zentralen Steuerung" in die miniMal- Märkte gelangt.
Verwirrung stiftete am Dienstagmittag [29.5.2001] eine Erklärung der hessischen Sozialministerin Marlies Mosiek-Urbahn, wonach es nicht illegal sei, aufgetautes Fleisch ungekennzeichnet zu verkaufen, wenn es mariniert sei. Dies ist, wie Oberstaatsanwalt Hübner bestätigte, lebensmittelrechtlich korrekt. Zudem zerstöre eine Marinade Enzyme im Fleisch; vorheriges Tieffrieren könne danach nicht mehr festgestellt werden. Die Staatsanwaltschaft ermittle gegen Rewe aber nicht wegen des Verkaufs von mariniertem Fleisch, sondern wegen des Verdachts, seit dem 23. April aufgetautes Fleisch unmariniert verkauft zu haben, ohne es zu deklarieren [Ed: das Ergebnis eine lächerliche Strafe].
Außerdem stamme das Fleisch wahrscheinlich von Rindern, die nicht auf BSE getestet wurden, hieß es von Seiten der hessischen Behörden. Laut Sozialministerium sind aber sämtliche Tiere jünger als 20 Monate gewesen, so dass sie weder vor dem Einfrieren noch jetzt auf BSE getestet werden müssen.
Archaisches System
Täglich beanstanden Lebensmittelkontrolleure verseuchte Produkte. Doch die Kunden erfahren kaum etwas über die Ekel-Funde. Das soll ein Gesetz ändern.
Hinweis auf: Der Spiegel 23/2001, 2. Juni 2001, Seite 50 (Deutschland). [Original]
Neues Verfahren zur BSE-Diagnose
Hinweis auf: Spiegel-Online, 16. Juni 2001, 10.57 Uhr (Wissenschaft). [Original]HAMBURG. Wissenschaftlern vom Serono Pharmaceutical Research Institute in Genf ist es gelungen, BSE-Erreger im Blut infizierter Hamster nachzuweisen. "Damit bietet sich erstmals die reelle Chance, die Krankheit auch bei lebenden Rindern nachzuweisen", sagte der Neurobiologe Claudio Soto in einem Interview mit dem Nachrichten- Magazin Der Spiegel [Heft 25/2001, Seite xxx]. Auch die Diagnose von vCJK [nvCJD], der vergleichbaren Krankheit beim Menschen, könne möglich werden.
Im Labor gelang es Soto und seinen Kollegen, die Erreger von BSE, die so genannten abnormalen Prionen, "im Zeitraffer" zu multiplizieren. "Wir imitieren den Prozess, mit dem sich die BSE-Erreger im Gehirn vervielfältigen", erklärte Soto im Spiegel. Was beim Menschen 30 bis 40 Jahre dauere, laufe im Labor in weniger als einem Tag ab. Theoretisch könne mit dem Verfahren sogar ein einzelnes Prion- Molekül im Blut nachgewiesen werden.
Die Entwicklung eines BSE-Tests für lebende Rinder werde allerdings noch etwas auf sich warten lassen, sagte Soto. Zunächst wollen die Forscher versuchen, ihr Verfahren den herkömmlichen BSE-Tests für bereits getötete Tiere vorzuschalten, um die Krankheit schon bei jüngeren Rindern erkennen zu können. Bislang kann BSE an toten Rindern nur festgestellt werden, wenn sie über 30 Monate alt sind.
BSE-Krise hinterlässt Spuren
Zum Bericht der Präsidentin des Bundesrechnungshofs
Aus: Yahoo-News, 10. Juli 2001, 15.23 Uhr (Politik).BERLIN. Der BSE-Schock in Deutschland saß tief. So tief, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) seine Neujahrsansprache der Krise um den Rinderwahnsinn widmete und eine "konsequente Schwachstellenanalyse" seiner Ministerien ankündigte.
Im Januar zog der Kanzler mit einer Regierungsumbildung weit reichende politische Konsequenzen, als eklatante Fehler im Krisenmanagement der Ministerien für Gesundheit und Landwirtschaft öffentlich wurden. Doch auch ein halbes Jahr nach dem Höhepunkt der BSE- Krise sind alte Schwachstellen längst nicht beseitigt und vor allem politische Streitereien nicht überwunden. Das geht aus dem Bericht der Präsidentin des Bundesrechnungshofs, Hedda von Wedel hervor, den sie heute vorstellte.
Zunächst legte Renate Künast (Grüne) als Ministerin des von Schröder neu strukturierten Ministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft einen Senkrechtstart hin. In dem neuen Super- Ministerium sollte alles anders und übersichtlicher werden. Zuständigkeiten sollten bei Künast gebündelt, das Risikomanagement in der Lebensmittelsicherheit besser werden. Oberste Priorität soll künftig der Verbraucherschutz haben, hatte Künast angekündigt.
Doch trotz neuer Strukturen und eines neuen und langen Ressortnamens beklagte von Wedel weiterhin Kompetenzgerangel und Wirrwarr der Zuständigkeiten zwischen den Ministerien. Künast hatte allein elf Referate aus dem Gesundheits- und Wirtschaftsministerium zugeschlagen bekommen offensichtlich zum Unwillen einiger, die abgeben mussten.
Vor allem zwischen dem Gesundheits- und dem Verbraucherministerium macht von Wedel Reibungen und "zum Teil sehr alte Differenzen" aus. "Hier versteckt sich noch ein größerer Dissens in der Bundesregierung", sagte sie. Das wolle sie nicht verschweigen. So weigere sich das Gesundheitsministerium etwa, Zuständigkeiten für Wasser und Tierarzneien abzugeben. Das Künast- Ministerium sei zwar Kernressort für den Verbraucherschutz, aber nicht in allen Bereichen federführend.
Von Wedels Analyse ist weit mehr als ein Bericht zum Verbraucherschutz. Die Schwachstellenanalyse in der Lebensmittelsicherheit wirft ein Schlaglicht auf den Dschungel der Kompetenzen und das Labyrinth der Behörden in Deutschland.
Beispiel Wasser: Trinkwasser ist schwer vom Bereich Wasser zu trennen, lautet die einfache Erkenntnis in dem Bericht. Nun liegt aber die Federführung bei Trinkwasser- Verordnungen im Gesundheitsministerium. Da Wasser bekanntlich auch ein Lebensmittel ist, ist auch Künasts Ressort dafür zuständig. Und schließlich spielt auch das Umweltministerium mit, denn Wasser kann durch Giftstoffe belastet sein. Ähnlich zersplittert ist der Bereich Tierarzneien.
Direkte Kritik an Politikern sieht von Wedel als Bundesbeauftragte für die Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung nicht als ihre Aufgabe an. Dennoch deutete sie an, dass auch ein eigenständiges Ministerium für Verbraucherschutz denkbar gewesen wäre.
Auch Künast wird von der Rechnungshofpräsidentin nicht direkt kritisiert. Allerdings sollte die Ministerin den Vorschlägen der Länder für einheitliche Vorschriften zur Lebensmittelsicherheit Aufmerksamkeit schenken, lässt von Wedel anklingen. Künast zumindest bezieht die Offenlegung der Schwachstellen nicht auf sich. "Das ist keine Kritik an mir, kein Wort", sagte sie.
Vorsicht, Mahlzeit!
Wie uns die Lebensmittelindustrie den Appetit verdirbt / Sendetermin: Samstag, 21. Juli, 22.100.15 Uhr, Spiegel-TV auf VOX
Aus: Spiegel-Online, 20. Juli 2001, 10.57 Uhr (Vorbericht Spiegel-TV). [Original mit weiterführenden Links]HAMBURG. BSE, verbotene Arzneien im Schweinefleisch und schließlich auch noch Maul- und Klauenseuche: Die Liste der Krisen und Skandale um unsere tägliche Nahrung wird immer länger. Mittlerweile weiß kaum ein Verbraucher in Deutschland, was er überhaupt noch gefahrlos zu sich nehmen kann.
Die Folge: Der Rindfleischmarkt ist fast zusammengebrochen, auch Schweinefleisch findet immer weniger Abnehmer. Die Konsumenten sind auf der Suche nach Alternativen. Der Markt für Geflügel aller Art boomt, denn Fleisch vom Hähnchen oder von der Pute gilt ohnehin als gesünder, vor allem weil es cholesterinärmer ist.
Doch wer weiß, unter welchen Bedingungen hierzulande Puten gezüchtet werden, dem vergeht schnell der Appetit: Zusammengepfercht in engen Ställen, in die nie das Tageslicht dringt, ohne Auslauf und umgeben von beißendem Ammoniakgeruch, werden die Vögel bis zur Schlachtreife gemästet.
Damit die Tiere ihr geplantes Ende überhaupt erreichen, stopft man sie voll mit Antibiotika. Den Verbraucher kann der häufige "Genuss" dieses Fleisches am Ende sogar resistent machen gegen diverse Medikamente.
Auch Menschen, die auf vermeintlich hochwertige Nahrungsquellen wie Meerestiere ausweichen, entgehen den fragwürdigen Methoden der Lebensmittelindustrie nicht: So ist die Garnele als "shrimp" zwar längst zum Renner der alternativen Speisepläne geworden. Sie wird jedoch keineswegs aus dem Meer gefischt. Gezüchtet in riesigen, stinkenden Teichen vor allem Lateinamerikas und Südostasiens, ist sie längst zur Turbokrabbe verkommen, aufgepäppelt mit zahlreichen Masthilfsmitteln und hohen Dosen diverser Arzneimittel. Ähnliches gilt für Zuchtlachse aus Skandinavien.
Neuerdings in Mode gekommen ist Fleisch von hier zu Lande nicht heimischen Tieren wie Strauß oder Krokodil. Schon können die Importeure derartiger Exoten die Nachfrage nicht mehr befriedigen. In den ersten zwei Monaten dieses Jahres wurde in Deutschland so viel Straußen- und Krokodilfleisch verzehrt wie sonst in einem ganzen Jahr.
Doch auch hier stellt sich die Frage: Werden die Exoten mit denselben Hilfsmitteln und Arzneien gezüchtet, wie herkömmliche Tiere auch? SPIEGEL TV- Autor Ralph Quinke hat bei Züchtern und Lebensmittelfabrikanten nachgeforscht; er besuchte eine Messe für industrielle Tierproduktion, sprach mit Ernährungswissenschaftlern, nahm fleischlose Bio- Nahrung unter die Lupe und stellte fest: Lebensmittel aus industrieller Massenproduktion schmecken in der Regel schal oder schlecht, und eines sind sie ganz gewiss nicht: gesund.
Dem Erfindungsreichtum von Lebensmittelchemikern aber sind offenbar keine Grenzen gesetzt: Längst haben sie eine Methode kreiert, mit der man den Verbrauchern selbst Abfall noch schmackhaft machen kann: Mit Hilfe von Enzymen werden aus Fleischfetzen schnittfeste Steaks. Der "Genießer" merkt davon nichts.
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